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Wumms-Talk bei Maybrit Illner: Altmaier verspricht einen Aufschwung für alle

„Maybrit Illner: Milliarden gegen den Abschwung – wie gerecht ist das Rettungspaket?“ ZDF, Donnerstag, 4.Juni 2020, 22.30 Uhr.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat in der ZDF-Talkshow „Maybrit Illner“ am Donnerstag eine baldige Erholung der Wirtschaft mit positiven Auswirkungen auf alle Schichten der Bevölkerung angekündigt.

Wörtlich sagte der Minister: „Wir kehren, sobald das möglich ist, zu ausgeglichenen Haushalten zurück. Es ist ein Aufschwung für alle. Er kommt irgendwo bei jedem an!

Das Corona-Reparaturset der Bundesregierung liegt endlich im Schaufenster, und Maybrit Illner guckte gleich mal auf die sozialpolitischen Tools – mit kundigen Gästen:

Altmaier wirkt immer am zufriedensten, wenn die Regierung sich wieder was ausgedacht hat. Seine souveräne Erkenntnis an diesem Abend: „Man wird ja manchmal auch klüger!

Die „Grüne“-Chefin Annalena Baerbock machte in der Krise schwer auf staatstragend. Greift sie jetzt wieder an?

Sarna Röser, Bundeschefin der Jungen Unternehmer, managt Zementrohr- und Betonwerke.

Die Gewerkschafterin Manuela Conte ist im DGB-Bundesvorstand zuständig für Jugend und Jugendpolitik.

Der Ökonomieexperte Prof. Lars Feld ist neuer Chef der Wirtschaftsweisen und wird aus Freiburg zugeschaltet.

Regierung, Opposition, Arbeitgeber, Arbeitnehmer: Klingt nach Stress fürs Zoff-o-Meter!

Parole des Abends

In einem ZDF-Einspieler sagte der Bundesfinanzminister, das Paket sei nötig, um „mit Wumms aus der Corona-Krise zu können“. Im „heute Journal“ rühmt ZDF-Moderatorin Marietta Slomka die Maßnahmen als „130-Milliarden-Euro-Wumms“.

Auch die Talkmasterin startete mit dem neuen Wort für machtvolles staatliches Eingreifen. Denn mit „Wumms!“ ist die Wirkung der Scholzschen Bazooka perfekt charakterisiert: Der Staat lässt es krachen!

Babylonisches Kritikgewirr

Dieses Paket wird über den Tag hinausreichen!“ lobte

Altmaier die Seinen. „Weichen falsch gestellt! Soziale Schieflage!“ konterte Baerbock. „Positive Überraschung! Sehr viel Licht!“ urteilte der Wirtschaftsweise. „Licht und Schatten! Sammelsurium!“ murrte die Unternehmerin. Die Gewerkschafterin entdeckte immerhin „Handlungsfähigkeit“.

Wissenschaftliches Meinungsbild

Im nächsten Einspieler senkten andere Akademiker den Daumen. Prof. Oliver Holtemöller meinte: „Aus meiner Sicht brauchen wir heute kein Konjunkturpaket!“ Der Wirtschaftsweise Prof. Volker Wieland vermisste einen „klar erkennbaren Fokus“ und schimpft: „Es wurde eine Chance vertan!“

Listigste Falle

Noch härter wetterte ein dritter Experte: „Konjunkturprogramme verpuffen wie Strohfeuer und verbrennen am Ende nur Geld!“ Das Zitat aus dem Herbst 2019 stammte von – Peter Altmeier.

„Was interessiert mich mein Satz von gestern?“ spöttelte die Talkmasterin und zählte den Minister genüsslich an: „Die schwarze Null! Die Schuldenbremse! Die schwäbische Hausfrau!“

Cleverster Konter

Doch so schnell geht ein austrainiertes Schwergewicht nicht k.o.: „Die Sätze interessieren mich nach wie vor brennend“, antwortete Altmaier, denn: „Wir können den Menschen jetzt nur deshalb helfen, weil wir in den letzten zehn Jahren erfolgreiche Wirtschaftspolitik gemacht haben.“ Wumms!

Kritischste Frage

„Wir brauchen eine schnelle Rückkehr zur Schuldenbremse!“ funkte ihn die Unternehmerin an. „Wir häufen hier enorme Schuldenberge an, die vor allem die jüngere Generation bezahlen muss! Die Steuerzahler!“

Ihr Vorwurf: „Mich schockiert, dass die Frage nicht gestellt wird: Wer soll das Ganze bezahlen? Es wurde die Schatztruhe aufgemacht: Wünsch dir was! Eine Einmalzahlung von 300 Euro pro Kind ist eher eine Beruhigungspille für die Eltern!“

Klarste Forderungen

Die Schuldenuhr schmort gerade durch!“ meldete Illner: 417,5 Milliarden Euro! Was tun?

Baerbock schnurrte Schlagworte runter: Langfristige Investitionen! In Bildung! In Digitalisierung! In die Transformation der Industrie!“

Sonst, so warnte die Grüne-Chefin, werde „der Klimaschuldenberg, der Bildungsschuldenberg noch viel größer!“

Dann ging auch schon der Zoff los

Baerbocks wichtigster Kritikpunkt: „Jetzt blinkt man zweigleisig! Man unterstützt durch die Mehrwertsteuersenkung auch noch teure große Benziner! Die wichtige Weiche, dass in Deutschland saubere Autos produziert werden, macht man damit wieder kaputt!“

„Wir senken die Mehrwertsteuer für den Verbraucher, aber wir schreiben ihm nicht vor, wo er das Geld einsetzt“, hielt Altmaier gegen. „Das ist seine Entscheidung in einer freien Gesellschaft!“

Geschickteste Gegenattacke

„Es können eben nicht alle Verbrenner auf einen Schlag ausgetauscht werden durch Elektroautos“, stellte der Minister fest. „Das weiß auch Ihre Partei!“

„Das sagt auch niemand!“ gab Baerbock zu.

Doch der Minister wollte den Punkt trotzdem auskosten und ging ins Pressing: „Und dann ist es mir zehn Mal lieber, dass jemand, der ein Auto, das vielleicht acht, neun Jahre alt ist, und sehr viel mehr CO2 produziert, austauscht gegen eines, dass die modernsten Abgasvorschriften erfüllt!“

Dialog des Abends

Es gibt in Ihrer Partei viele, die hinter vorgehaltener Hand sagen: So unrecht hat der Peter Altmaier in diesem Punkt nicht, aber das kann man öffentlich nicht diskutieren“, fügte der Minister stolz hinzu. Diesen kleinen Triumph konnte er sich nicht verkneifen.

Der Ball kam aber schnell zurück, denn

Baerbock erkannte sofort die Schwachstelle: „Sie haben sich jetzt ja auch nicht durchgesetzt mit Ihrem Verbrenner!“ lachte sie fröhlich. „Zum Glück, muss ich sagen!“

Wichtigstes Versprechen

Das Thema war damit aber nicht durch. Baerbock warnte eindringlich davor, die Umstellung auf Elektroautos zu verdaddeln: „Sie werden das in der Breite nicht durchsetzen können, wenn Sie gleichzeitig sagen, wir halten an der alten Technologie fest!“

„Wir haben inzwischen 60 Unternehmen, die in die neue Technologie investieren“, erwiderte der Minister. „Und wir werden in zwei Jahren in Kaiserslautern mit 2000 Mitarbeitern die ersten Batterien wieder in Deutschland produzieren!

Sympathischste Selbstbeobachtung

Die wachsende Ungeduld der Menschen mit den Corona-Einschränkungen kann Altmaier gut verstehen: „Wenn ich mit meinem Mund-Nasenschutz beim Discounter einkaufe, beschlägt mir immer die Brille, und ich kann das Verfallsdatum nicht lesen!“, klagte er.

Berechtigte Empörung

„Es geht um Sicherheit!“, machte Gewerkschafterin Conte klar. „Aber da geht es nicht nur um das Virus, sondern um Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft!“

Denn: „Rund 40 Prozent der jungen Beschäftigten sind in befristeten Verträgen!“ Die Studierenden wiederum  hätten Existenzängste und würden sich um ihre Abschlüsse sorgen.

Betriebe, die jetzt ihren Auszubildenden kündigen, handeln grob fahrlässig!“ ärgerte sich die Gewerkschafterin. „Es ist jetzt wichtig, die Fachkräfte von morgen auszubilden!“

Wissenschaftlichste Betrachtung

Prof.Feld rückte einiges zurecht: „Das Allerwichtigste, was wir im Moment brauche, sind liquiditätssteigernde Maßnahmen“, erläuterte er. Und: „Die Lage der Kommunen ist bei weitem nicht so prekär, wie es scheint.“

Dramatischste Warnung

„Was mir wirklich Sorge bereitet, ist der 30.September“, gestand die Unternehmerin, „denn an diesem Tag endet die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Überschuldete Firmen müssen dann Insolvenz anmelden!“

Das aber, so Röser, „kann eine riesige katastrophale  Kettenreaktion nach sich ziehen, ein sogenanntes Corona-Domino!

Emotionalster Appell

Was mir Sorgen macht, ist, dass Länder wie China und Korea, die viel früher in der Krise waren und auch wieder rausgekommen sind, mit Hochdruck investieren“, warnte Altmaier. „In neueste Produktionsmethoden, in neueste digitale Verfahren!“

Seine Befürchtung sei, „dass sie dann am Ende einen Wettbewerbsvorteil herausarbeiten, der es unseren Unternehmen sehr schwer macht!“

Altmaiers Schlussoffensive: „Wir wollen, dass wir technologisch führend sind, dass uns niemand den Schneid abkauft, dass wir unsere technologische Souveränität verteidigen können. Das ist die Voraussetzung dafür, dass es auch in 10, 20, 30 Jahren Wohlstand gibt!“

Fazit

Viel Klein-klein, jede Menge „hätte“, „würde“ oder „wollte“, dazu Fachchinesisch ohne Ende. Doch die platte Parteirhetorik blieb aus, niemand spielte am Betroffenheitszünder herum und trotz mancher Differenzen herrschte verblüffend viel Einigkeit. Das war eine Talkshow der Kategorie „Paketlösung“.

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