„Maischberger.die woche“. ARD, Mittwoch, 3.Juni 2020, 23.00 Uhr.
Bundesaußenminister Heiko Maas hat in der ARD-Talkshow „Maischberger“ am Mittwoch US-Präsident Donald Trump heftig angegriffen.
Wörtlich sagte der SPD-Politiker: „Was wir zur Zeit in den USA erleben, ist schmerzhaft!“ – vor allem, weil „eine alte rassistische Wunde der amerikanischen Gesellschaft wieder aufgerissen“ werde.
„Dass es Kriminelle gibt, die Proteste nutzen, um zu plündern“, kritisierte der Minister dabei ebenso wie den Umstand, „dass der amerikanische Präsident, der die Verantwortung hat, eine Gesellschaft zusammenzuhalten, Öl ins Feuer gießt!“
Ehrlichste Selbstkritik
„Das ist die Masche von Populisten nicht nur in den USA, sondern auch an vielen anderen Stellen in der Welt, dass man über Polarisierung vor allem das eigene Klientel mobilisieren will“, fügte Maas hinzu.
Und, noch deutlicher: „Rassismus gibt es auch in Deutschland: Hanau, Halle. Es ist am besten, immer erst mal vor der eigenen Tür zu kehren!“
Schlimmste Sorge
Da in den USA in diesem Jahr Wahlen seien, müsse man, so der Minister weiter, „leider befürchten, dass diese Polarisierung noch weiter betrieben wird! Wenn ich mir anschaue, wofür wir die USA alles brauchen, bei all den Krisen und Konflikten und gerade in der Corona-Pandemie, dann sind das keine guten Zeichen für das, was uns in den kommenden Wochen und Monaten bevorsteht.“
Kernfrage des Abends
Die Talkmasterin zitiert aus einem Buch, in dem Maas noch als Justizminister hart über den damals neu gewählten Präsidenten geurteilt hatte. „Halten Sie Trump für jemanden, der ein Rassist ist, ein Frauenfeind und ein Lügner?“ fragte sie in Anspielung auf diese Beschimpfungen in dem Maas-Werk.
„Ich würde nicht so weit gehen, jemanden per se aufgrund einer Äußerung, die er getätigt hat, als dauerhaften Rassisten zu bezeichnen“, antwortet der Minister jetzt in diplomatischer Verklausulierung. „Aber jemand muss sich messen lassen an dem, was er sagt.“
Geschicktestes Ausweichmanöver
„Also ist er ein Rassist oder nicht?“ fragte Maischberger auf den Punkt.
„Nein“, antwortet Maas, aber: „Ich glaube, dass er Äußerungen getätigt hat in der Vergangenheit, die wirklich schwierig sind und die dazu geführt haben, dass die rassistische Wunde der Vereinigten Staaten wieder aufgerissen werden konnte.“
Rassenkrawalle, Konjunkturpaket, Reisewarnung, Coronaimpfstoff: „Maischberger.die woche“ hat wieder jede Menge Info im Gepäck! Die Gäste:
Der Bundesaußenminister twitterte Mittwch früh in Richtung Trump: „Demokraten dürfen nie eskalieren, auch nicht durch Worte!“
Die ARD-Börsenexpertin Anja Kohl studierte in den USA und war erst vor kurzem wieder mal auf Recherche in New York.
Der Wissenschaftsjournalist Dirk Steffens („Terra X“) warb für sein neues Buch.
Der Kolumnist Jan Fleischhauer („Focus“) erinnert immer gern daran, dass auch Trump mal für den Friedensnobelpreis nominiert war.
Die Biochemikerin Helga Rübsamen-Schaeff erforscht und entwickelt Anti-Virus-Medikamente.
Politik, Wirtschaft, Wissenschaft. Heiße Themen – wie hitzig wird die Diskussion? Gleich zum Start das beliebte Trump-Bashing!
„Wer den eigenen Bürgern droht, bewaffnete Soldaten zu schicken, betreibt das Gegenteil von Eskalation!“ schimpfte Autor Steffen. Sein Vorwurf: „Fast alles, was Trump macht, scheint ein Signal an seine Wählerschaft zu sein!“
„Für die Polizei ist in Amerika der Gouverneur oder der Bürgermeister verantwortlich, und nicht der Präsident“, widersprach Fleischhauer. „Ist Trump auch schuld daran, dass marodierende Banden nachts durch New York ziehen und die Fifth Avenue entglasen?“
Gewagtester Vergleich
ARD-Börsenexpertin Kohl sah das ganz anders: Trump habe die Polizei angewiesen, Personen bei Kontrollen „hart ranzunehmen“, behauptete sie.
Fleischhauer erinnerte an die G20-Krawalle in Hamburg, als „nur ein einziger Straßenzug“ gebrannt habe: „Stellen wir uns das mal vor, jede Nacht, in Heidelberg, Stuttgart, München, Hamburg. Da würden wir auch nach der harten Hand fragen!“
Klügste Programmänderung
Vor der Sendung hatte es Protest: Der muslimische Publizist Nasir Ahmad startete eine Internet-Petition mit der Frage „Fr. Maischberger, wieso laden Sie 5 weiße Menschen ein, um über Rassismus zu sprechen?”
Die Talkmasterin reagierte darauf mit einer Schnellschaltung zu der US-Wissenschaftlerin Priscilla Layne in North Carolina. Die Germanistin hat in Deutschland studiert und auch über Rassismus geschrieben.
Erschütterndster Bericht
Sie habe „ähnliche Erfahrungen mit der Polizei gemacht“, berichtete Layne jetzt sichtlich bewegt. „Jede Erfahrung mit Polizisten war schlecht. Selbst wenn ich um Hilfe gebeten habe, haben sie mich immer gleich als Kriminelle gesehen.“
Schlimmste Erkenntnis
„Es ist immer eine Frage von Leben oder Tod“, sagte Layne über solche Begegnungen. „Ich musste immer ganz vorsichtig sein!“
Ungewöhnlichste Erklärung
Über die Krawalle in vielen US-Städten sagte die Wissenschaftlerin: „Ich finde, dass die mit den Plünderungen versuchen, die Aufmerksamkeit des Landes zu bekommen!“
Denn, so ihre These: „Über Jahre haben die Menschen andere Maßnahmen versucht. Aber selbst das Hinknien wurde nicht akzeptiert. Egal wie man protestiert: Das wird nie von einem System akzeptiert, das versucht, einen fertigzumachen!“
Härteste Anklage
„Wenn sie plündern, geht es eigentlich darum, dass viele Amerikaner erst hinschauen, wenn es ihnen an die Geldbörse geht“, meint Layne zum Schluss.
Und: „Es wird immer unterschiedliche Strategien geben. Jeder muss überlegen, wie er protestieren möchte. Profit und Geschäfte sind nicht so wichtig wie Menschenleben!“
Mutigste Ankündigung
Maischberger wollte auch über Chinas aggressive Politik gegen die Freiheitskämpfer in Hongkong reden. „Beim geplanten EU-China-Gipfel in der zweiten Jahreshälfte wird es auch um Menschenrechte gehen!“ versprach Maas prompt.
Als die Talkmasterin ein Foto von einem Treffen des Außenministers mit dem Demokratie-Aktivisten Joshua Wong vergangenes Jahr in Berlin zeigte, bekam der Minister allerdings kalte Füße.
Flaueste Antwort
„Müssen so einem Bild irgendwann mal Aktionen folgen, wenn Wong jetzt sagt, sonst passiert nichts?“ fragte Maischberger.
Der Minister wollte das Thema erst kleinreden: „Wenn alle, die mal mit mir auf einem Bild gewesen sind, verlangen, dass Sanktionen verhängt werden…“ murrte er.
Doch so leicht ließ die Talkmasterin den Minister nicht ausbüxen: „Herr Maas!“ rief sie streng. „Das ist nicht irgendjemand! Das Bild ist ein Signal gewesen!“
„Das stimmt“, gab der Minister zu. „Aber ich stimme nicht mit allem, was er sagt, überein. Dass er auch einen separatistischen Ansatz hat, ist nicht die Haltung der Bundesregierung!“
„Also keine Sanktionen?“ bohrte Maischberger.
„Wir wollen, dass wir als EU mit mehr Möglichkeiten gegenüber China auftreten“, erklärte Maas daraufhin. „Wenn wir dem Dialog mit Sanktionen zuvorkommen, wird er nicht stattfinden.“
Und dann kam noch ein Stoßseufzer des Ministers: „Es gibt im Übrigen wenig, was ich mache, was nicht kritisiert wird!“
Nichtssagendste Antwort
„Es geht einfach um extrem viel Geld“, sagte der Minister dann über das Ringen um das Konjunkturprogramm. „Deshalb ist es richtig, lieber zweimal draufzugucken, ob es richtig investiert wird. Denn irgendwann ist die Kasse leer!“
Börsenexpertin Kohl forderte energisch eine Senkung der Mehrwertsteuer. Öko-Autor Steffen hatte sich einen Gag ausgedacht: „Wer jetzt in einen Verbrenner investiert, kann sein Geld auch in Faustkeile oder Dampflokomotiven stecken!“ meinte er.
Totschlagsargument des Abends
Fleischhauer sah das etwas weniger dramatisch: „Jetzt geht es erst mal nicht darum, gleich die Industrie umzubauen“, beschwichtigte er.
Doch damit war er bei Steffen an der falschen Adresse: „Wenn wir nicht mehr genug Sauerstoff in der Luft haben“, rief der Autor theatralisch, „werden Fragen nach Arbeitsplätzen Makulatur.“ Uff!
Tröstlichste Prognose
Über den Kampf gegen die Pandemie sagte die Biochemikerin zum Schluss: „Weltweit laufen 135 Projekte. Ich glaube, dass wir Ende dieses Jahres bestimmt zehn Projekte haben, bei denen wir wissen, dass diese Impfstoffe im Körper des Menschen eine Wirkung gegen Corona hervorrufen.“
Allerdings: „Dann habe wir aber noch nicht die Sicherheitstests und die Verträglichkeitstests.
Wenn wir Ende nächsten Jahres so weit wären, dass wir zwei Impfstoffe haben, die sicher und wirksam sind, hätten wir unglaubliches Glück gehabt!“
Fazit: Ermüdende Banalitäten, viel ausweichendes Geschwurbel, statt klarer Kante vieldeutige Sprüche und als Antworten auf punktgenau Fragen immer nur routinierte Ansagen ohne Risiko: Das war eine Talkshow der Kategorie „Rhetorikkurs“.