„Maybrit Illner: Feindbild Polizei – Hass, Gewalt und Machtmissbrauch?“ ZDF, Donnerstag, 25.Juni 2020, 22.15 Uhr.
Der ehemalige Grüne-Chef Cem Özdemir hat in der ZDF-Talkshow „Maybrit Illner“ am Donnerstag die Bedeutung von Polizeibeamten für seine Sicherheit und die seiner politischen Freunde hervorgehoben.
Wörtlich sagte der Politiker: „Auch Menschen, die sich als links definieren, sind hier und da ganz glücklich, wenn sie von der Polizei beschützt werden. Ich werde von der Polizei beschützt, und ich bin sehr dankbar dafür!“
Randalierer greifen Ordnungshüter an, Unterstützer suchen die Schuld bei den Opfern und Maybrit Illner lässt Gäste sehr unterschiedliche Meinungen austauschen:
Der Ex-CDU-Fraktionschef Wolfgang Bosbach sagte: „Der Gewaltausbruch in Stuttgart war ein Angriff auf unsere Gesellschaft!“
Der grüne Ex-Parteichef Cem Özdemir wunderte sich, „warum uns Jugendliche, zum Teil auch mit Migrationshintergrund, entgleiten.“
Die Kabarettistin Idil Baydar klagte: „Migranten fühlen sich von der Polizei nicht gut behandelt!“
Sebastian Fiedler, Chef der deutschen Kriminaler, stellte fest: „Es gibt Rassismus bei der Polizei, und das sind keine Einzelfälle!“
Debatte, Pranger oder sogar Tribunal? Erst einmal gab es sachliche Analysen.
„Was sie eint, ist, dass sie den Staat in Gänze ablehnen“, sagt Fiedler über die Randalierer von Stuttgart, „weil sie die staatlichen Behörden als Feindbild begriffen haben.“
„Die Bilder lassen auf eine enorme Wut auf diesen Staat schließen“, bestätigte Bosbach. „Am Ende war es sicherlich ein Motivbündel und nicht nur ein einzelner Anlass.“
Schlimmstes Zitat
„Dass es eine generelle Staatsfeindlichkeit gibt, finde ich polemisch und übertrieben“, widersprach Baydar. „Ich habe bei Jugendlichen noch nie erlebt, dass sie, ohne provoziert oder schikaniert zu werden, einfach angreifen!“
Als Beweis zitiert sie einen Satz aus dem Stuttgarter Polizeifunk: „Das ist Krieg! Ich übertreibe nicht! Da sind nur Kanaken!“
Ihr Vorwurf: „Ich habe das sehr oft erlebt, dass Jugendliche nicht respektiert werden von Polizisten!“
Prompt ging der Zoff los
„Sie machen hier Opfer zu Tätern!“ protestierte Fiedler. „Sie verkehren die Tatsachen! Ihr Erzählstrang läuft so: Die Polizei, die hier Opfer von Gewalttaten geworden ist, war auch noch selber schuld. So weit kommt’s noch!“
„Das hat keiner gesagt“, wehrte sich die Kabarettistin. „Ich habe einen Erklärungsversuch gemacht!“
„Sie haben gesagt, es sei provoziert worden!“ rief Fiedler empört.
„Aber in welchem Kontext!“ erwiderte Baydar. „Reißen Sie das bitte nicht aus dem Kontext!“
Damit war der Ton der Debatte über diesen schweren Fall von Randalismus gesetzt: Unbewiesene Behauptungen, schäbige Vorwürfe, listige Ausweichmanöver, dreiste Andeutungen, billige Wortklauberei.
Detaillierteste Darstellung
Fiedler wollte propagandistischen Täuschungsversuchen mit dem wirklichen Sachverhalt vorbeugen: „Hier hat es eine rechtmäßige Drogenkontrolle gegeben“, berichtete er. „Dann haben sich Hunderte solidarisiert, mit Straftätern, die schon vorher bekannt gewesen sind!“
Sein Ärger: „Das nur eine Sekunde lang zu rechtfertigen ist wirklich der Gipfel!“
Für Baydar schien das indes kein Problem: „Nee, das stimmt nicht“, sagte sie ganz einfach. Mehr kam dazu aber erst mal nicht von ihr.
Bester Vorsatz
Özdemir drückte gleich mal die Brust raus: „Unser Job ist es, auch als Politiker, uns vor unsere Polizei zu stellen“, erklärte er forsch.
Seine Forderungen für Stuttgart: „Sicherheit garantieren. Strafen für die Täter. Licht, dass das dort nicht im Dunkeln ist. Kameraüberwachung, wo notwendig. Natürlich auch Alkoholverbot.“
Und dazu „eine sozialpädagogische Komponente“. Özdemir: „Jeder Jugendliche sollte eine Perspektive darin sehen, dass man durch eigene Anstrengung eine Ausbildung bekommt und sich nicht das Hirn wegdröhnt!“
Wichtigste Forderung
„Ich erwarte, dass alle demokratischen Parteien nicht nur Worthülsen absondern“, sagte Fiedler klipp und klar, „sondern – und das bezieht die Jugendorganisationen ein – hinter den deutschen Sicherheitsbehörden stehen!“
„Bei der Polizei wird genau hingehört, wer was sagt, von den Spitzenpolitkern“, stellte Fiedler fest, „deshalb sollte man seine Worte sehr sensibel abwägen!“
Schlimmste Tirade
„Wir haben eine Cop-Kultur!“ schimpfte Baydar nun wieder los. „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus! Man darf nicht vergessen, dass wir als Migranten ständig im Visier sind! Ständig kriminalisiert werden!“
Die Morde von Hanau, aber auch des NSU zeigten, so die Kabarettistin: „Die Polizei schützt uns nicht!“
Schärfste Kritik
„Die Polizei wird in eine Ecke gestellt“, hielt Bosbach dagegen. „Sie erwartet Hilfe, von der Politik, von der Gesellschaft. Das müsste eigentlich selbstverständlich sein. Es ist aber nicht selbstverständlich!“
Sein Beispiel: „Ein Journalist, der für die ‚Zeit’ schreibt, twittert: In Minneapolis wurde die Polizei abgeschafft. Inshallah irgendwann auch hier bei uns.“
Bosbachs Kommentar: „Das ist der Sound. Vor diesem Hintergrund erfolgen solche Taten!“
Typischstes Beispiel
Danach schildert Bosbach einen Fall aus Stuttgart: „Ein Zugkontrolleur kontrolliert einen Nigerianer. Kein Fahrausweis. Polizei wird geholt, zur Personenfeststellung. Sofort beschimpft eine Menschenmenge die Polizei.“
Ironischer Kommentar des Politikers: „Weil es natürlich rassistisch ist, wenn weiße Polizisten einen Schwarzen kontrollieren!“
Bosbach weiter: „Dann stellen sie auch noch fest, dass er Papiere mit unterschiedlichen Namen hat. Hier wird, ohne dass die Betroffenen den Sachverhalt kennen, sofort Rassismus unterstellt!“
Schlimmster Wutausbruch
„Ich muss eingreifen!“ rief die Kabarettistin dem CDU-Mann daraufhin empört zu. „Racial profiling ist rassistisch! Der Europarat ruft Deutschland regelmäßig dazu auf, mehr gegen den Rassismus zu tun! Wieviel Respekt haben Sie vor dem Europarat? Ist das für sie eine Muppetshow?“
Die Talkmasterin, heute passend in Polizeiblau, wagte eine Frage: „Wenn die Polizei eine Shishabar kontrolliert, ist das schon Racial profiling?“
„Die ganze Clankriminalität wird aufgebauscht!“ antwortete Baydar. „Sogar Polizisten sagen, hier läuft was, was nicht richtig ist…“ Jetzt wurde die Schnappatmung ist so heftig, dass die Luftröhre über die Lautsprecher zu hören war.
Beste Konter
„Hier läuft heute Abend was, was nicht ganz richtig ist“, spottete Fiedler.
„Kleinkriminalität in bestimmten deutschen Vierteln ist maßgeblich geprägt durch arabische Großfamilien“, assistierte Bosbach. „Da finden Sie keine schwedischen Volkstanzgruppen!“
Interessantester Rückblick
Özdemir erinnerte daran, dass die Polizei schon früher immer wieder als Gegner wahrgenommen worden sei, z.B. 1962 in München-Schwabing oder bei den 1.Mai-Demos in Berlin-Kreuzberg.
Seine „kleine Fußnote“: Die „taz“, deren schlimme Polizeischelte immer wieder viele Beamte empört, habe „1990 auch die Polizei mal angefordert, um vor der autonomen Szene geschützt zu werden…“
Übelste Entgleisung
Illner blendete das menschenverachtende „taz“-Zitat ein, Polizisten seien nur geeignet als „Müllmenschen“ auf der „Mülldeponie, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind“, denn „unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.“
Özdemir und Bosbach fanden den Satz „widerlich“, Baydar dagegen bejubelte die Verfasserin: „Ich finde ihre Arbeit großartig. Sie ist eine brillante Journalistin, eine großartige Autorin!“
Coolster Spruch
„Ich hätte mir gewünscht, dass der Text selbst möglichst schnell im Mülleimer landet“, erklärte Fiedler. „Ich hätte mir gewünscht, das liest kein Schwein!“
Sein Urteil: „Meine Fantasie reicht nicht aus, um irgendeine Satire zu erkennen. Der Text hat den Polizeibeamten die Menschenwürde abgesprochen.“ Nun sollten die Gerichte prüfen, „ob hier Volksverhetzung einschlägig ist“.
Souveränste Bewertung
Über die Hassstiraden der Kabarettistin urteilte der Polizist milde: „Sie haben das in Art eine Bühnenprogramms überspitzt.“ Das saß.
Den Vorwurf, Polizisten seien auf dem rechten Auge blind, konterte Fiedler kühl: „Wir haben diesen Beruf ja gerade deshalb ergriffen, um diese Typen zu bekämpfen!“
Ehrlichstes Geständnis
Özdemir wollte ein Versagen an ganz anderer Stelle sehen: Der Bundesinnenminister habe durch die Überlegung, gegen die „taz“-Autorin Anzeige zu erstatten, Schaden angerichtet. „Gerade ein Innenminister muss doch die Rolle haben, Gräben zuzuschütten!“ wetterte der Grüne.
Wolfgang Bosbach wiederum fasste das Problem in einem Satz zusammen: „Achtet auf eure Sprache!“
Fazit: Überlaute Durchsagen aus dem Polit-Phrasophon, dumpfgetriebene Deutungskämpfe mit selbstzündender Emotionsrakete, dazu eine auf ganzer Strecke überforderte Spielleiterin: Das war eine Talkshow der Kategorie „Rabatz“.