„hart aber fair: Sommer der Unsicherheit – echter Urlaub nur mit Impfung?“ ARD, Montag, 22.Februar 2021, 21.15 Uhr.
ARD-Talkmaster Frank Plasberg hat in seiner Sendung „hart aber fair“ auch durch eigenes Versagen die fetteste Fernseh-Panne seit Jahren mitverursacht.
Denn in der Ausgabe von diesem Montag checkte der erfahrene ARD-Moderator minutenlang nicht, dass er zu einem eingefrorenen Bild sprach.
Dabei hatte der Talkmaster kundige Gstebumm sich geschart. Thema: Der nächste Sommer kommt bestimmt. Die nächste Ferienreise auch? Antworten:
Der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hatte vor der Sendung vor einem Jojo-Effekt durch zu schnelles Öffnen gewarnt: „Dann geht alles wieder von vorne los!“
Der Extrembergsteiger Reinhold Messner (Grüne) mahnte schon vor Tagen zu breiterer Verteilung der Touristenströme: „Wir müssen aufhören, uns alle an denselben Orten auf den Füßen rumzustehen!“
Für die Virologin Corinna Pietsch bleibt das Reisen nach wie vor „besonders knifflig“.
Norbert Fiebig, Chef des Deutschen Reiseverbands (DRV), giftete: „Was wir nicht brauchen, sind Politiker, die den Osterurlaub jetzt schon totquatschen!“
Die Journalistin Andrea Zschocher hat drei Kinder (7, 4, 2) und meutert: „Wir müssen endlich mal raus!“
Der Reisebuchautor Manuel Andrack war mal der Sidekick von Läster-Legende Harald Schmidt.
Profis aus Politik, Wirtschaft und Medien scharren schon seit Wochen mit den Hufen. Winkt bald Erlösung oder doch nur wieder Vertröstung?
Profis auch in der ARD-Technik? „Reinhold Messner sitzt in Bozen im Studio“, vermeldete der Talkmaster und sagte eine simple Schaltung wie ein wissenschaftliches Experiment an: „Unser Ton geht über München, Wien, wahrscheinlich auch Rom. Ich sage jetzt ‚Guten Abend, Herr Messner‘, und dann zählen wir mal die Sekunden.“
„Guten Abend, Herr Plattberg!“ grüßte Messner so freundlich wie falsch zurück.
„Gut!“ strahlte der Talkmaster. „Die Mondlandung ist es nicht, sondern nur eine Leitung nach Bozen. Das wird ’ne interessante Sendung. Schwierig, aber unterhaltsam!“
Unfairste Attacke
Die Journalistin musste als erste in die Bütt. „Sie sind auf Ihren Social Media Accounts wüst beschimpft worden“, wusste Plasberg. „Warum?“
„Mit wurde geschrieben, ich persönlich sei verantwortlich für die dritte Welle, wenn sie denn kommt“, schilderte die Journalistin. Und das nur, „weil ich gesagt habe, ich möchte gern in den Urlaub. Ich kann das nicht verstehen!“
Schlimmste Enttäuschung
„Wir wollen nach Österreich in die Berge, in eine einsame Hütte, wo sonst niemand ist“, berichtete Zschocher weiter, während Messner ungerührt von seinem Bildschirm blickte.
„Ich habe aus den Herbstferien gelernt“, erzählte die dreifache Mutter weiter. Gesundheitsminister Jens Spahn habe damals gesagt: „Machen Sie auf jeden Fall Urlaub in der Heimat!“ Doch als sie dann ins Ferienhaus an die Ostsee wollte, verhängte Mecklenburg-Vorpommern ein Einreiseverbot. Uff!
Vorsichtigste Prognose
Aus Bremen wurde der Bürgermeister zugeschaltet: „Es ist ja so, dass immer mehr Menschen die Decke buchstäblich auf den Kopf fällt“, räumte der SPD-Politiker ein. „Ich kann das Bedürfnis verstehen, zu sagen, jetzt muss damit endlich mal Schluss sein, wir brauchen wieder Möglichkeiten, uns bewegen zu können!“
Bovenschultes nüchterne Einschätzung: „Für Sommer bin ich da hoffnungsfroh!“ Aber: „Was Ostern angeht, da sind die Zweifel größer…“
Auch die Virologin hat „Schulkinder zu Hause“ und weiß, wie es ist, einen „Urlaubswunsch zu spüren“, aber: „Die Fallzahlen sinken nicht, sie steigen sogar leicht, und das sind keine guten Voraussetzungen, dass wir in fünf, sechs Wochen Urlaub machen können!“
Ulkigste Panne
Messner guckte immer noch unverändert vom Monitor. „Sie sind Einsamkeit gewohnt“, funkte Plasberg ihn an. „Wie blicken Sie auf Menschen, die nach Monaten im Lockdown sagen: Ich muss raus, egal wohin“?
Messner verzog keine Miene. „Gleich wird er uns hören“, hoffte Plasberg. „Geduld!“ Die anderen grinsten schon: Der berühmte Bergsteiger hatte seinen Gesichtsausdruck jetzt schon seit acht Minuten nicht verändert.
„Das ist jetzt faszinierend“, staunte der Talkmaster. „Herr Messner?“
„Ohne Echo!“ gluckste Oberreiseführer Fiebig amüsiert.
Unwillkommenste Erkenntnis
Die Sekunden schlichen dahin. Messner zuckte weiter mit keiner Wimper. „Hm“, machte Plasberg und legte nachdenklich den Finger an die Lippen.
Dann ging auch dem Talkmaster endlich ein Licht auf: „Ich glaube, der Ton funktioniert, aber das Bild ist eingefroren!“ meinte er.
Plasbergs Erklärungsansatz: „Er sitzt nicht irgendwo auf dem Mount Everest, sondern in Bozen im Studio, aber manchmal sind die Wege verschwommen und verschlungen…“
Letzte Chance
„Ich mach‘ noch mal einen Versuch“, kündigte Plasberg schließlich an. „Herr Messner, mein Name ist Plasberg, wir sind bei ‚hart aber fair‘ und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie gleich dabei sind.“
Das brachte zwar null, aber Aufgeben ist für einen Plasberg keine Option: „Dann werden wir noch mal sammeln und 20 Euro in die Leitung investieren“, ätzte er in Richtung Regie.
Dann gab es Zoff
„Die Leute wollen verreisen, und da ist auch sehr viel Nachholbedarf“, stellte Fiebig fest. „Darum ist es so wichtig, dass wir uns das nicht alles wieder kaputtquatschen lassen!“
Der Talkmaster blendete sogleich das kritisierte Zitat des sächsischen Ministerpräsidenten ein: „Osterurlaub in Deutschland kann es in diesem Jahr leider nicht geben“, hatte Michael Kretschmer orakelt.
„Das hat uns auf die Palme gebracht!“ wetterte der Reise-Profi nun. „Vielen Unternehmen steht das Wasser bis zum Hals! Die staatliche Unterstützung reicht nicht aus! Wir müssen die Chance kriegen, unser Geschäft wieder starten zu können!“
Härtester Vorwurf
„Da fehlt es an Sensibilität und auch an Sachverstand!“ warf Fiebig dem Ministerpräsidenten vor.
SPD-Bodenschulte nahm den CDU-Kollegen in Schutz: „Er hat seine Äußerung getätigt vor dem Hintergrund seiner Erfahrung in Sachsen“, beschwichtigte er, „wo er gemerkt hat, wie schnell es gehen kann, dass die Pandemie droht außer Kontrolle zu geraten.“
Professionellster Rat
„Wir haben gerade heute in vielen Bundesländern die Kitas und Grundschulden geöffnet“, gab die Virologin zu bedenken, „und wir brauchen sicherlich drei Wochen, um gut einschätzen zu können, was für ein Mehr an Kontakten und Infektionen dadurch stattfindet.“
„Von daher finde ich es auch tatsächlich verantwortlich, frühzeitig allzu große Euphorie einzubremsen, wie Herr Kretschmer das gemacht hat“, bekennt sie. Und über Reisen zu Ostern: „Wahrscheinlich wird es eher nichts werden!“
Dann flog das Handtuch
Nach achtzehn Minuten erhob sich Plasberg und ging auf den Monitor zu, von dem immer noch der Bergsteiger stumm und regungslos in die Runde starrte.
„Ich mache jetzt einen letzten Versuch“, kündigte der Talkmaster an. „Denn wenn man Herrn Messner sieht, dann fragt man sich: Warum sagt er nichts?“
Spontanste Pointe
Plasbergs Diagnose: „Das Bild ist eingefroren, wie man es vom Handy kennt. Gibt es einen letzten Versuch? Was sagt ihr in der Regie?“
Die sagte: Abbruch. Drei Bühnenarbeiter tauchten aus den Kulissen auf und nahmen den Bildschirm mit. Auf den Sitz davor kletterte als Lückenfüller Autor Andrack. „Das ist der Wander-Papst in Deutschland“ stellte Plasberg ihn vor.
Und der neue Gast zeigte auch gleich, was er bei Harald Schmidt gelernt hat: „Das passt doch, dass der Mensch, der den Yeti persönlich getroffen hat, jetzt eingefroren ist!“ blödelte er zur Begrüßung.
Interessanteste Perspektiven
Reise-Fiebig rühmte noch mal das Konzept seiner Branche: Ja, auf einer Kreuzfahrt habe es vier Infektionen gegeben, aber was sei das bei 70.000 Mitreisenden?
Doch die Virologin wies streng auf die Dunkelziffer hin: Niemand wisse genau, wie viele Menschen sich auf Reisen infizieren, ohne es zu wissen.
„Das weiß ich auch dann nicht, wenn ich in Berlin S-Bahn fahre“, knurrte der Touri-Präsident.
„Jeder Jeck ist anders!“ urteilte Plasberg über die vielfältigen Urlaubsformen vom Wandern bis zur Kreuzfahrt.
Reizthema des Abends
„Schwer vermittelbar!“ schimpfte Bovenschulte nach einem ARD-Einspieler über Bundesligakicker auf Champions-League-Tour.
Zwar, so der Bremer: „Profifußball ist auch Berufsausübung.“ Aber: „Der Fußball sollte sich an die Regeln halten, die für alle gelten!“ Und die Club-Weltmeisterschaft in Katar sei „sportlich wertlos“.
„Als Fan des FC Köln findet ich die Champions League überbewertet“, frozzelte Andrack.
Strittigster Punkt
Der letzte Film zitierte Griechenlands Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis mit der fälligen Forderung nach einem EU-Impfpass „zur Erleichterung der Freizügigkeit“ auch von Touristen.
Für Fiebig ist die Initiative des Reiseveranstalters „alltours“, Geimpfte zu bevorzugen, „ein Zeichen dafür, dass die Reiseindustrie sehr verantwortungsvoll handelt und sich überlegt: Wie kann man die Sicherheit der Kunden erhöhen und ihnen dabei möglichst viel Freiheit geben?“
Schärfste Antwort
Virologin Pietsch warnte dagegen: „Man muss nicht meinen, wenn man geimpft ist, stellt man für niemanden mehr ein Risiko dar!“
Ihr knallhartes Schlusswort: „Wir impfen nicht, um jemanden lustig in den Urlaub zu schicken! Der Sinn und Zweck des Impfprogramms ist es, die Sterblichkeit herunterzubekommen! Und vielleicht irgendwann so etwas wie eine Herdenimmunität zu erreichen, damit insgesamt für alle das Risiko niedriger ist.“ Amen!
Temperamentvolle Rede-Rallye durch den Corona-Dschungel, Argumente mit der Machete, Irrwege hinter jedem Busch und der Talkmaster zog sich nach einer epochale Technik-Panne nur mit Mühe aus dem Sumpf: Das war eine Show der Kategorie „Wenn jemand eine Reise tut“.