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Omikron-Zoff bei Plasberg: Attacken gegen Söder, Angst vor der nächsten Welle

„Hart aber fair:  In der Omikronwelle: Was bringt eine Impfpflicht?“ ARD, Montag, 17.Januar 2022, 20.45 Uhr.

Deutschland boostert, Corona aber auch: Die neue Variante aus Südafrika infiziert mehr Menschen und dazu auch viel schneller, Inkubationszeit nur noch drei Tage! In „Hart aber fair“ sprach Talkmaster Frank Plasberg mit diesen Gästen:

Malu Dreyer (60, SPD). Die Mainzer Ministerpräsidentin ist gaaanz vorsichtig: „Dass der Bundestag jetzt über eine allgemeine Impfpflicht diskutiert, finde ich richtig…“

Christine Aschenberg-Dugnus (62, FDP). Die Gesundheitspolitikerin wird deutlich: „Mehr Impfen ja – eine allgemeine Impfpflicht nein!

Prof. Timo Ulrichs (50). Der Epidemiologe diagnostiziert: „Die Impfpflicht ist der einzige Weg, aus dieser Corona-Endlosschleife mit immer neuen Wellen herauszukommen.

Prof. Dr. Malte Thießen (47). Der Medizinhistoriker weiß: „Dass wir heute so leben können, verdanken wir Impfprogrammen.“

Michael Bröcker (44). Der Journalist („Media Pioneer“) meint: „Die Omikron-Variante mit ihren wohl milderen Verläufen entziehen einer Impfpflicht komplett die Grundlage.“

Einer pro, zwei contra, zwei unentschieden. Persönlichstes Statement

Dreyer startet mit einer sanften Medienschelte am Beispiel eines Interviews mit dem Virologen Prof. Christian Drosten: „Da bleibt in manchen Medien übrig, dass wir die Chance haben auf Erlösung, aber nicht kommuniziert wird, dass wir eine stärkere Immunisierung der Bevölkerung brauchen.“

Über sich selbst sagt die dreifach geimpfte Ministerpräsidentin: „Ich bin sehr gut geschützt. Ich trage Maske, halte mich an all die Regeln, von denen ich den ganzen Tag erzähle, und deshalb habe keine Angst.“

Zwiespältigster Kommentar

Die Impfpflicht ist fast wie eine Panikaktion der Politik, die leider aber nicht das Ziel erreicht!“, kritisiert Bröcker, für den „die Einschläge immer näher kommen, auch im privaten Umfeld.“

Selbst bereits 2020 in der ersten Welle infiziert, sagt der Journalist jetzt: „Ich hatte einen schwierigeren Verlauf, und ich werbe für die Impfung, wo ich nur kann. Aber sie kann eben einen Virus nicht ausrotten!“

Würde er seine Kinder, sechs und acht Jahre alt, eins mit einer Vorerkrankung am Herzen, impfen lassen? Antwort: „Wir werden es wahrscheinlich machen, aber wir hadern damit.“

Gegensätzlichste Standpunkte

„Wir haben zu viele Menschen, die ins Krankenhaus müssen“, warnt der Epidemiologe. Deshalb sei Nichtimpfen „unfair gegenüber anderen, die im Gesundheitssystem versorgt werden müssen, wegen Corona, aber auch anderen Krankheiten.“

Aschenberg-Dugnus wiederum möchte Omikron „nicht einfach durchrauschen lassen“, aber: „Wenn sich Dinge ändern, muss man die Maßnahmen anpassen. Es muss immer die richtige Balance sein zwischen dem Gesundheitsschutz und den Freiheiten, die man haben muss.“

Schlüssigste Erklärung

Ein ARD-Einspieler zeigt ungewöhnliche Zahlen: Bremen hat die höchste Impfquote, aber auch die höchsten Infektionszahlen. Sachsen hat wenig Impfungen, aber auch niedrige Inzidenzen. Wie kommt’s?

„Das ist eine Momentaufnahme“, erklärt der Epidemiologe. „In Bremen konnte sich Omikron sehr schnell ausbreiten: Reiserückkehrer, Ballungsraum.“ Im Osten sei noch die Delta-Welle am Abflauen, aber Omikron werde auch dort bald ankommen. Uff!

Dann geht der Zoff los

Plasberg ist das alles viel zu sachte, und er gibt Gas, mit einem bewährten bayerischen Rennbenzin aus dem Hochoktanbereich: „Sie haben einen Kollegen, der heißt Söder“, sagt er zu Dreyer, „und der war immer vorneweg, hat auch Virologen links und rechts überholt. Da lachen Sie schon…

Die launige Anmoderation verfehlt ihre Wirkung nicht: Großes Kichern und Grinsen in der Runde!

Gelungenste Vollbremsung

Die SPD-Politikerin nimmt die Vorlage dankend an: „Wundersame Wendungen bei Herrn Söder sind keine Überraschungen für mich“, spottet sie.

Doch Journalist Bröcker kontert sie aus: „Sie haben im Sommer letzten Jahres gesagt: Eine Impfpflicht geht auf gar keinen Fall. Auch Sie haben also eine Wendung vollbracht.“ Rumms!

Beängstigendste Info

Danach schockt Plasberg das Publikum mit einem typischen Lauterbach-Kracher: „Es ist gut möglich“, warnt der neue Gesundheitsminister in einem Einspieler, „dass wir es im Herbst mit einem mutierten Delta-Typ zu tun bekommen.“ Ui!

Ob eine Impfpflicht davor schützen könne? möchte der Talkmaster wissen. „Das ist jetzt Kaffeesatzleserei“, wiegelt die FPD-Politikerin ab.

Schärfste Schüsse

Den harten Kern der Verweigerer werde man ohnehin nicht kriegen, meint Bröcker, denn: „Man wird niemandem die Impfspritze per Ordnungspolizist in den Arm rammen!“

„Aber ein bisschen Druck hilft“, vermutet der Talkmaster und nimmt den Kanzler auf die Hörner: „Wer Führung bestellt, der bekommt Führung, hat Scholz gesagt. Ist das vielleicht eine Frage der Feigheit vor Koalitionsauseinandersetzungen, die die FDP zerreißen könnten?

Und wieder Zoff

Oha! Plasberg setzt sogar noch einen drauf: „Das sieht so ein bisschen aus, als ob Sie den Parlamentarismus nehmen, um eine erste große Blamage dieser hoffnungsvoll gestarteten Koalition zu verhindern“, hält er der FDP-Abgeordneten genüsslich vor.

„Ich sehe es nicht als Blamage an, wenn man über eine hochethische Frage öffentlich diskutiert!“ keilt   Aschenberg-Dugnus zurück. „Das nennt man Demokratie, und das nenne ich Transparenz!“

Härteste Attacke

„Das ist natürlich eine Schutzbehauptung!“, ledert Bröcker los  und trommelt erbost auf den Tisch. „Es gab so viele Momente, wo ich mir eine leidenschaftliche offene Debatte gewünscht hätte!“

Sein knalliger Vorwurf: „Jetzt, wo man festgestellt hat, dass es in der eigenen Ampel definitiv keine eindeutige Mehrheit für eine Impfpflicht gibt, so zu tun, als sei das die wirklich große ethische Frage, das ist nicht redlich, und das glaubt auch keiner!“

Flaueste Defensivtaktik

Dreyer springt der bedrängten Ampel-Kollegin bei, mit dem bewährten Trick, berechtige Kritik durch gezielte Übertreibung zu widerlegen. „Das ist tatsächlich keine Frage von Basta-Politik!“, mahnt sie. Hat auch niemand behauptet.

Dann schwurbelt die Ministerpräsidentin munter drauflos: „Großer medizinethischer Hintergrund! Verantwortung gegenüber der Bevölkerung! Es ist auch eine Frage, wie man Führung versteht! Wie man Leadership versteht!“ Hm – vor der Wahl standen auf den SPD-Plakaten allerdings immer Slogans wie „Scholz packt das an“…

Interessanteste Hintergrund-Story

„Die Geschichte der Impfpflicht ist keine Erfolgsgeschichte“, warnt Prof. Thießen. Es gebe „erschreckende Parallelen“ zu heute, bis hin zu „antisemitischen Verschwörungstheorien.“ Und: „Selbst im autoritären Kaiserreich scheute man vor der Zwangsimpfung zurück!“

„Die Impfpflicht hat vier schwere Nebenwirkungen, stellt der Historiker dazu fest. „Sie mobilisiert Gegner. Sie ist ein stumpfes Schwert, denn die Sanktionen bringen nichts. Kurz danach floriert das Fälschungswesen. Und sie ist eine Kultur des Misstrauens.“

Verblüffendste Antwort

Der letzte ARD-Einspieler zeigt Ruckzuck-Politik aus Italien: Am Mittwoch Beratung im Ministerrat, am Samstag Impfpflicht für die über 50-jährigen, ab Februar Strafen bis 1500 Euro.

Plasbergs provozierende Frage: „Treffen wir die gewissenhafteren Entscheidungen oder einfach nur die langsameren?“

„Die Orientierungsdebatte findet Ende Januar statt, die Gruppenanträge sollen im Februar/März diskutiert werden“, beteuert Dreyer. „Es ist wirklich absehbar, dass der Bundestag zu einer Entscheidung kommt, und ich finde, das passt zu unserer demokratischen Kultur in Deutschland.“ Heidewitzka, Frau Kapitän!

Trefflichste Prognose

Prof. Ulrichs fordert dringend nötige Vorbereitungen auf Herbst und Winter: „Wir sollten sehen, dass wir zu Potte kommen!“

„Wann ist für Sie diese Pandemie beendet?“ stöhnt Plasberg zum Schluss.

Bröcker kennt die Antwort: „Wenn in den Talkshow nicht mehr über Corona diskutiert wird.“ Amen!

Fazit

Politik in der Meinungsmauser, Debatte spannend wie Daumenkino, Prognosen wie im Lotto, doch die anderen Gäste und vor allem der Talkmaster kegelten krachend in die Vollen: Das war ein Talk der Kategorie „Alle neune“.

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