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Luxemburgs Asselborn in Maischbergers Flüchtlings-Talk: „Die Österreicher jodeln nur!“

„maischberger. die woche“. ARD, Mittwoch, 16.September 2020, 22.45 Uhr.

Der luxemburgische Außen- und Asylminister Jean Asselborn hat in der ARD-Talkshow „maischberger. die woche“ am Mittwoch schwere Vorwürfe gegen die Flüchtlingspolitik der österreichischen Regierung erhoben.

Wenn Flüchtlinge ankommen, greife die EU-Kommission zum Telefon, um die Hilfsbedürftigen gerecht auf die Mitgliedsstaaten zu verteilen, erklärt der altgediente Sozialist, doch: „Es sind fünf, sechs Länder, die mitmachen. Die Österreicher jodeln vielleicht irgendwie durch die Gegend. Aber wir anderen Ländern müssen schauen, was dann geschieht!“

Es brennt im Flüchtlingslager, es brennt in Kalifornien und irgendwie auch bei der SPD, nur gibt es dort niemand zu. In „maischberger. de“ sprachen jetzt die Löschtrupps. Die Gäste:

Asselborn wetterte schon vorher gegen Wien: „Österreich will keine Jugendlichen aufnehmen, sondern nur Toiletten schicken!

Der Europaabgeordnete Lukas Mandl (ÖVP) keilte zurück: „Völlig irrationales Österreich-Bashing! Schade, wir sollten in Europa anders miteinander umgehen!“

Der Klimaaktivist Jakob Blasel (19) von „Fridays for Future“ strebt für die Grünen in den Bundestag, da sieht selbst ein Kevin Kühnert verdammt alt aus.

Die Jungunternehmerin Sarna Röser macht wacker in Zement und Beton, träumt aber von einem Mittagessen mit Bill Gates.

Der TV-Kommentator Marcel Reif (Bild LIVE) geht immer wieder montags online, um 14 Uhr.

Die Kolumnistin Jagoda Marinić (42) fragte vorher ihre Twitter-Follower, wen sie heute als Gewinner bzw. Verlierer der Woche vorführen soll.

Der Chefredakteur Christoph Schwennicke („Cicero“) kritisiert die Kollegen: „In der Flüchtlingskrise haben manche von uns ihre Rolle als Journalisten missverstanden und sind zu Aktivisten mutiert!“

Ob Flüchtlingskrise, Virus, Klima: Bei uns läuft derzeit gar nichts prima. Aber der Ball, der rollt. Zum Start ein Geständnis

„Eine meiner ersten Reisen ging nach Lesbos“, erinnerte sich Reif. „Das ist eine wunderschöne Insel. Weit genug weg, um es nicht so nahe an mich ranzulassen, wie ich es als normaler Mensch an mich ranlassen müsste. Ich bin immer noch entsetzt durch diese Bilder!“

Seine Klage: „Das ist alles so eine fürchterlich kalte Debatte. Erst kommt das Essen und dann die Quotenregelung! Das ist kein humanitäres Versagen, das ist zivilisatorisches Versagen!“

Dann ging auch schon der Zoff los

„Schachern mit Menschenleben! Politikverhinderung!“ schimpfte Journalistin Marinić und erinnert an die feigen Schüsse auf den Kasseler Regierungspräsidenten: „Walter Lübcke ist letztes Jahr ermordet worden, weil er sich für diese humanitäre Flüchtlingspolitik ausgesprochen hat!“

Schwennicke hatte noch eine andere Perspektive: „Ich fand es gelinge gesagt obszön, dass es Frau Göring-Eckardt geschafft hat, sich am nächsten Tag vor den rauchenden Ruinen zu zeigen, aber das THW erst gestern nach drei Tagen angekommen ist. Das muss schneller gehen!“

Provozierendste Feststellung

Deutschland trampelt über die Politik Griechenlands hinweg“, kritisierte der Chefredakteur und warnte: „Es gibt das Problem der Nachahmung, und die Möglichkeit des Pulleffekts!“

Denn: „Was die AfD sagt, ist ja sachlich nicht falsch: ‚Die müssen nur das Lager anzünden, und schon kriegen sie in Europa Asyl.‘“

Schlüssigste Argumente

„Notwehr!“ sagte Marinić über die Brände in den Lagern und führte sie auf Angst vor Corona zurück: „Die Pandemie macht nicht Halt vor diesen Zäunen!“

„Die Nothilfe vor Ort muss sofort und massiv stattfinden“, forderte Schwennicke. Seine Vorschläge: Außengrenze schützen, Seenotrettung nur noch staatlich, Asylverfahren auf Kreuzfahrtschiffen, Migrationsverweigerer zur Kasse bitten.

Reifs Rückblick: „Wir zahlen für die Sünden, die die Nordhalbkugel seit Jahren mit dem Süden getrieben hat!“

Heftigste Klage

„Man kann Luxemburg 150 Mal in Deutschland hineinstecken“, sagte Asselborn über die Aufnahme von Flüchtlingen seinem Land, „aber wir tun, was wir können. Es wird keine große Zahl sein, aber wenigstens zehn, fünfzehn Menschen.“

Sein Vorwurf: „Wir haben im Relocation-Programm tausend Flüchtlinge aufgenommen. Polen null. Ungarn null. Andere große Länder null!“

Aufschlussreichster Dialog

Die Talkmasterin erinnerte an Asselborns gescheiterten  Versuch im Jahr 2018, Migrationsverweigerer zur Aufnahme von Flüchtlingen zu zwingen: „Sie haben es nicht geschafft!“

„Sie haben Recht“, erwiderte der Luxemburger sichtlich erbost. „Ich habe abstimmen lassen, und die Osteuropäer haben blockiert.“ Aber: „Wie soll eine Kommission das schaffen, wenn in der Migrationspolitik Länder ausscheren?“

Tja, wie wohl? Maischberger hatte die passende Antwort: „Einen Kompromiss finden, den alle tragen!“

Aber damit ließ sich Asselborn nicht ausbremsen: „Es lagen Zahlen da, die jedes Land zu akzeptieren hatte“, wetterte er. „Diese Bilder aus Lesbos würde es heute nicht geben, wenn wir es hinbekommen hätten, solidarisch und verantwortlich diese Migrationspolitik anzupacken!“

Jetzt ging der Zoff so richtig los

Aus Brüssel wurde Mandl zugeschaltet. „Migrationspolitik mit Herz und Hirn, das ist das, was Bundeskanzler Sebastian Kurz gemacht hat“, lobte er, „und was sich auch in Europa durchgesetzt hat.“

Asselborns harte Attacken ließ der Österreicher nicht unbeantwortet: „Ich plädiere für eine Abrüstung der Worte“, sagte er. „Wir müssen uns in Europa nicht gegenseitig mit Kraftausdrücken bezeichnen. Unsolidarisch zu sein, dass weise ich zurück!“

Emotionalste Erinnerung

„Die Bilder aus Lesbos erinnern mich an Kalkutta, wo ich im Sterbehaus der Mutter Teresa einmal mitgeholfen habe“, schilderte der ÖVP-Politiker. Seine Formel: „Wir brauchen kurzfristige Hilfe und eine langfristige europäische Migrationspolitik.“

Schärfste Gegenattacke

Dann rechnete Mandl vor: „Österreich hat in diesem Jahr schon 3500 Kinder aufgenommen, ohne davon viel Aufhebens zu machen. Und seit 2015, gerechnet auf 100.000 Einwohner, deutlich mehr als Deutschland oder Luxemburg!“

Asselborn wog missmutig das graue Haupt, doch Mandl machte gleich den nächsten unwillkommenen Punkt: „Ja, es gibt die Schleuserkriminalität, und das ist die abscheulichste Kriminalität, die das 21.Jahrhundert kennt“, sagte der Österreicher.

Und: „Ja, es gibt die Entwurzelung in den Herkunftsländern durch falsche Versprechungen. Und ja, es gibt diese Pulleffekte, die dazu führen, dass immer mehr Menschen nachkommen, unter falschen Vorstellungen, obwohl sie eben kein Asylrecht haben!“

Hitzigster Wortwechsel

„Sich erpressen zu lassen, das kann keine staatsverantwortliche Haltung sein“, rief Mandl aus dem Monitor.

„Ich verstehe diese Litanei, die ich höre seit 2015“, spottete Asselborn aufgebracht. „Das hält kein Mensch aus! Wenn man das immer wieder hört…“

„…können die vielleicht Recht haben“ funkte Maischberger trocken dazwischen.

Wütendster Angriff

Das ärgerte Asselborn erst recht. „Österreich ist doch so ein freundliches Volk!“ erboste er sich und prügelt mit wilden Luftschlägen auf einen imaginären Gegner ein. „Ich verstehe nicht, dass hier eine Regierung ist, die sich verweigert, den Schritt zu machen wie alle anderen auch und europäisch zu helfen!“

Wie bitte? Wie alle andern auch? Das klang doch eben noch ganz anders! Aber niemand traute sich, etwas zu sagen, denn der Luxemburger Altlinke flippt jetzt fast aus: „Verdammt noch mal! Ich kann mir in meinem kleinen Kopf nicht vorstellen, dass man die Unmenschlichkeit in diesem Europa der Werte auch noch verteidigt!“

Moralischste Gehässigkeit

„Es gibt eine Lösung, den Pulleffekt zu unterbinden“, ruft Asselborn schließlich wutentbrannt in die Runde. „Man lässt die Menschen im Meer ertrinken!“

„Wenn man einen falschen Eindruck erweckt, wenn man so tut, als wäre das Asylrecht auf jeden zutreffend, dann erzeugt man diesen Pulleffekt“, konterte Mandl kühl.

Interessanteste Statements

Das beliebte Trump-Bashing blieb diesmal im Ansatz stecken. Maischberger beschrieb Trumps Corona-Politik mit einem umstrittenen Zitat des Präsidenten: „Ich wollte das immer herunterspielen, wie ich keine Panik erzeugen wollte.“ Schwennicke dazu: „Schlichtes Denkmuster!“ Reif: „Politisches Versagen!“

Zum Fußball sagte Reif: „Eine gute Nachricht, das da wieder Zuschauer im Stadion sind.“ Aber: „Als ich die Bilder (von den Fans beim Pokal in Rostock) gesehen habe, dachte ich: Das wird nicht funktionieren!“

Den Wahlerfolg der CDU in NRW kommentierte Marinić listig: „Ich denke, dass Herr Laschet das gut macht, dass er sagt, er hat es gut gemacht!“

Schlagfertigste Antwort

Über „Fridays for Future“ sagte Unternehmerin Röser: „Mir ist die Art, wie hier argumentiert und gestikuliert wird, zu radikal. Ich würde mir wünschen, statt Straßenblockaden und ideologischer Kämpfe, dass wir wirklich praktisch diskutieren über verantwortlichen Klimaschutz.“

„Ohne die Straßenblockaden und die Proteste wäre ich heute nicht hier“, grinste Blasel prompt.

„Ich finde richtig, dass die junge Generation sich einsetzt“, antwortete Röser. „Ich tue es ja selber!“

Schönster Lernerfolg

„Ich würde mich als radikal bezeichnet“, sagte der Jung-Grüne zum Schluss. „Ich will jetzt hier nicht klugscheißen, aber ich habe sehr viel Latein gelernt und wenig mitgenommen, aber radikal kommt von radix – Wurzel. Wir packen‘s an der Wurzel an.“ Uff! Es stimmt immer wieder: Non scholae, sed vitae discimus!

Fazit: Ungewöhnliche Gäste, kluge Beobachter und die Talkmasterin immer auf Ballhöhe, aber auch viele Placebo-Argumente, selektive Empörung und doppelte Maßstäbe. Deshalb war das ein Talk der Kategorie „Erregungsblasenschwäche“.

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