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Impf-Talk bei Illner. Lauterbach: Scholz hat mich nicht zurückgepfiffen!

„Maybrit Illner: Streit ums Testen und Impfen – wieder nicht gemeinsam gegen Corona?“ ZDF, Donnerstag, 26.Januar 2022, 22.15 Uhr.

Rekord bei den Corona-Infektionen, die Politik dem Chaos nahe, massenweise fehlen Tests, die medizinische Versorgung vor dem Crash! Prompt zimmert Maybrit Illner einen Talk-Pranger ins Programm: Die Gäste:

Prof. Karl Lauterbach (58, SPD). Der Gesundheitsminister kennt kein Vertun: „Wir brauchen die Impfpflicht gegen die nächste Welle!

Linda Teuteberg (40, FDP). Die Ex-Generalsekretärin  hält dagegen: „Eine kluge Teststrategie würde reichen.“

Thorsten Frei (48, CDU). Der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion lästert: „Die FDP kontrolliert die Corona-Politik der Ampel!

Prof. Carsten Watzl (50). Der Immunologe sieht die Genesenen-Debatte im „Blindflug“.

Prof. Frauke Rostalski (37). Die Strafrechtlerin findet es „erschreckend, dass wir Menschen nach ihrem Impfstatus bewerten.“ Sie wird aus Köln zugeschaltet.

Drei Professoren, drei Positionen! Bleibt der Streit akademisch? Das Zoff-o-Meter hat so seine Zweifel…

Zur Ouvertüre ein frommes Lied

Der Minister hat gleich mal einen verwegenen Wunsch: „Keine Parteipolitik, keine Schuldzuweisungen!“

Für Kritik an seiner letztlich falschen Entscheidung vor eineinhalb Jahren, für den nicht ganz so sicheren Antigen- statt für den teureren PCR-Test zu werben, ist Lauterbach so offen wie sein Hemdkragen: Das hätten Wissenschaftler damals empfohlen, sagte er, und „ich war einer von denen.“

Bedenklichster Mangel

Prof. Watzl bringt das Problem auf die Zahl: „Neun Millionen Infizierte“, meldet er. „Wahrscheinlich ist die Dunkelziffer doppelt so hoch. 20 Millionen Menschen haben wahrscheinlich diese Infektion schon durchgemacht – und wir wissen gar nicht, wer das ist!“

Mehr noch: „Wir haben in der Datenlage generell ein Problem damit, was wir wissen und was wir nicht wissen!“, klagt der Immunologe.

Unliebsamste Beschwichtigung

Auch der CDU-Politiker gibt sich erst mal friedlich: „In dieser Pandemie sind immer auch Fehler gemacht worden, und es ist immer dazugelernt worden“, urteilt er milde. Klar, vor Lauterbach war Parteifreund Jens Spahn der Gesundheitsapostel.

„Das riecht nicht nach Skandal“, kommentiert die Talkmasterin mit leichter Enttäuschung.

Prompt springt das Zoff-o-Meter an

Doch Frei kann auch Krawall: „Omikron wurde  bereits am 26.November von der Weltgesundheitsorganisation als besonders besorgniserregende Variante identifiziert“, stellt er fest. „Dann ist es natürlich seltsam, wenn das Gesundheitsministerium noch am 10.Januar sagt: Wir planen nicht, die Testkapazitäten auszuweiten!“

„Das habe ich so nicht gesagt“, wehrt sich der Minister. „Wir haben alles gemacht, was man konnte, um die PCR-Kapazität von 2,4 Millionen auf 2,8 Millionen auszudehnen. Das Maximum, was das System hergab. So schlecht sind wir nicht!“

Freiheitlichstes Statement

„Ich finde, man muss in der Pandemie dazulernen“, schiedsrichtert FDP-Politikerin Teuteberg. „Ich bin sehr für eine Impfkampagne, die Kopf und Herz erreicht. Da ist noch viel Luft nach oben.

Ihr Credo: „Es ist gut, wenn sich möglichst viele Menschen impfen lassen, ich halte aber eine allgemeine Impfpflicht für das falsche Instrument.“

Ärgerlichste Dementi

Illner will abchecken, wie belastbar Lauterbachs Friedensliebe wirklich ist, und erinnert ihn an eine Analyse des WELT-Journalisten Robin Alexander tags zuvor bei Sandra Maischberger: „Große Aufregung um die Genesenen. Wollten Sie die Ministerpräsidenten ein bisschen überrumpeln?“

Da ist Schluss mit Lustig: „Ich überrumpele niemanden!“, schnappt der Minister vergrätzt. „Das habe ich, ehrlich gesagt, nicht nötig!“

Schärfste Attacke

Dass das Robert-Koch-Institut die Länderchefs mit der plötzlichen Verkürzung des Genesenenstatus auf nur noch drei Monate überraschte, sei nur eine „Kommunikationsfehlleistung“ gewesen, behauptet Lauterbach. „Ich wusste das zu diesem Zeitpunkt nicht!“

CDU-Frei ist damit gar nicht zufrieden: „Da stehen die Ministerpräsidenten gar nicht im Mittelpunkt“, wettert er los. „Ich denke an die Bürger, die sich am Arbeitsplatz testen müssen, die nicht mehr in die Geschäfte können, Urlaubsreisen absagen müssen, von einem Tag auf den anderen. Das zerstört Vertrauen!“ Puh…

„Hier ist auch sehr viel Parteipolitik!“ murrt der  Minister.

„Nur Deutschland ist noch der Ausnahmetiger“., sagt doe Talkmasterin über die Genesenen-Politik in Berlin und Brüssel.

Sportlichste Offensive

Illner bringt auch die übliche Söder-Kritik unter: Bayerns Ministerpräsident wolle die Fußballstadien gerne wieder voll haben, berichtet sie und fragt den CDU-Politiker: „Versteht der Bürger das eigentlich noch?“

Frei ist vor Kritik an der Schwesterpartei nicht bange: „Ich würde immer dafür plädieren, bei allem Respekt vor föderalen Lösungen, dass man versucht, auf gemeinsame Probleme gemeinsam zu reagieren, weil das die Glaubwürdigkeit erhöht“, doziert er. „Deswegen sehe ich es immer kritisch, wenn einzelne besondere Regelungen haben…

Eindringlichste Mahnung

„Wenn wir bei den Älteren Inzidenzen von über 1000 bekommen“, warnt Lauterbach, „dann bekommen wir ein Riesenproblem auch mit Omikron auf den Intensivstationen!“

„Immunologisch sollte sich jeder, der die Infektion durchgemacht hat, noch mal impfen lassen!“, assistiert Prof. Watzl.

„Freiheit so wenig wie möglich und so viel wie nötig einschränken!“ fordert Teuteberg.

Wichtigster Vorschlag

An der bereits beschlossenen einrichtungsbezogenen Impfpflicht für Pflegeberufe kritisiert Prof. Watzl, dass sie nicht weit genug gehe, denn: „Sie hätte die Bewohner einschließen müssen. Wenn ich im Heim arbeite, muss ich geimpft sein, wenn ich dort wohne, nicht!“

Und: „Wer in einem Altenheim putzt oder Hausmeister ist, muss ebenfalls geimpft sein. Das ist nur konsequent!“

Beruhigendste Botschaft

Lauterbach zieht noch ein As aus dem Ärmel: „Am 21.Februar bekommen wir 1,4 Millionen Dosen von

Novavax, die Woche darauf noch mal eine Million“, kündigt er an. „Das geben wir ausschließlich an die Länder, um die einrichtungsbezogene Impfpflicht zu beschleunigen.“

Schlimmster Vorwurf

„Es sind nicht die Pflegekräfte, die sich verweigern“, stellt der Minister fest. „Die werden nur vorgeführt.  „Die Impfgegner und Querdenker täuschen vor, dass es die Pflegekräfte wären, die sich jetzt wehren und Angst um ihren Körper haben. Das ist gar nicht der Fall!“

Seine Hoffnung: „Wir werden mit dem Novavax-Impfstoff noch etwas reißen. Ich glaube, dass das Problem lösbar ist.“

Politischste Klarstellung

Die Talkmasterin piekst ihn trotzdem weiter: „Sie haben weder als Abgeordneter noch als Minister einen eigenen Vorschlag zur allgemeinen Impfpflicht hingelegt. Da gibt es die schöne These, dass Olaf Scholz Sie zurückgepfiffen hat.

„Das habe ich auch schon gehört“, grient Lauterbach. „Das stimmt einfach nicht. Ich habe erwogen, einen Vorschlag zur Impfpflicht zu machen, habe mich aber dagegen entschieden. Aus Glaubwürdigkeitsgründen.“

Denn, so der Minister weiter: „Wenn wir sagen, das sind Gruppenanträge der Abgeordneten, und ich trete da auf und mache einen eigenen Vorschlag und sage, ich bin ein einfacher Abgeordneter: Das wäre doch eine Farce gewesen! Olaf Scholz hat mich nicht zurückgepfiffen, er hat mich bisher nirgendwo zurückgepfiffen.“ Amen!

Schönstes Schlusswort

Frei versucht noch mal, den Pudding an die Wand zu nageln: „Das entbindet Sie als Regierung nicht, einen Vorschlag zu machen“, rügt er. „Denn dafür sind Sie ja gewählt worden.“

„Nein, das ist nicht richtig“, widerspricht der Minister. „Wenn wir als Regierung kein Gesetz machen, ist es die Aufgabe der Abgeordneten, zu entscheiden: Machen wir dann eins?“

„Und wozu brauchen wir dann eine Regierung?“ wundert sich der CDU-Mann.

Lauterbachs finale Antwort: „Für alles andere!“ Da prustet die Runde los, und auch der Minister kann den Lachteufel nicht mehr exorzieren.

Fazit

Info-Druckbetankung ohne Besinnungsbremse und Politmoralfilter, es ging Holterdipolter rauf und runter, keine Hürde ausgelassen: Das war eine Rede-Runde der Kategorie „Berg- und Taltalk“.

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