„maischberger.die woche“. ARD, Mittwoch, 6.November 2019, 22.45 Uhr.
Bundesarbeits- und –sozialminister Hubertus Heil (SPD) hat in der ARD-Talkshow „maischberger.die woche“ am Mittwoch für den Rentengipfel mit der Union am kommenden Sonntag einen Kompromiss angekündigt.
Wörtlich sagte der Minister zum Streit um seine „Respektrente“ ohne Bedürftigkeitsprüfung: „Ich will, dass wir zu einer guten Lösung kommen, und das ist am Sonntag auch möglich. Ich sehe, dass guter Wille da ist!“
Wichtigste Ankündigung
„Es wird ein Kompromiss sein“, sagte der Minister dabei voraus. „Wir sind noch nicht durch, aber es lohnt sich, um eine gute Lösung zu ringen.“
Dafür hatte Heil einen neues, besonders zugkräftiges Argument mitgebracht: „Es geht vor allem um Frauen!“ sagte er und kassierte den ersten Beifall.
Schönste Formulierung
Aber natürlich gehe es vor allem um „Lagerarbeiter, Friseure, Altenpflegerinnen“, erklärte der Minister weiter, „und das sind nicht Leute, die in Millionenvillen wohnen. Da wird auch viel abstruses Zeug erzählt!“
Talkmasterin Sandra Maischberger zitierte erst den CDU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt mit dem „schönen Begriff von der Hubertus-Heil-Konfettikanone“ und kam dann zu dem „vielzitierten Beispiel“ von der Zahnarztgattin, deren Mann 500.000 Euro im Jahr verdient.
Witzigster Seitenhieb
„Ich glaube, da kriegen wir eine Brücke hin“, sagte Heil und setzte gleich noch mal auf das populäre Genderfeeling: „Dass wir im 21. Jahrhundert die Alterssicherung der Frauen immer über den Mann definieren, ist auch nicht mehr 21. Jahrhundert!“ schwurbelt er etwas platt.
Danach gab der Minister einem alten Genossen schnell noch einen mit: „Außerdem kenne ich nicht so viele Zahnarztgattinnen“, sagte er. „Ich kenne aber einen Zahnarztgatten persönlich, das ist Sigmar Gabriel, der kriegt aber keine Grundrente!“
Interessantester Lösungsvorschlag
Dann wurde es wieder konstruktiv: „Müssen wir Menschen mit Bürokratie belästigen?“ fragt der Minister beifallheischend in die Runde. „Oder können wir über die Rentenversicherung klären, was an Anwartschaften da ist? Und kriegen wir mit der Finanzverwaltung einen Abgleich hin, so was wie eine Einkommensfreibetrag, der irgendwann abschmilzt?“
Seine Lösung für das Zahnarzt-Beispiel: „Ich kann mir vorstellen, dass wir ganz hohe zusätzliche Einkommen rausfiltern.“
Für den SPD-Vorsitz will der Minister das Team Klara Geywitz & Olaf Scholz wählen: Die eine kennt er vom gemeinsamen Studium, der andere sitzt mit ihm im Kabinett. „Es geht um den Anspruch der SPD, für dieses Land wieder stärker zu werden, aber sich auch nicht vor der Verantwortung zu ducken!“
Zu diesem Wahlkampfspruch nahm Heil auch gleich die FDP-Generalsekretärin aufs Korn: „Jetzt muss meine Kollegin Teuteberg ganz tapfer sein von der FDP“, sagt er. „Ich möchte nicht, dass die SPD vor der Verantwortung flieht, wie es die FDP getan hat!“
Emotionalste Erinnerung
Auch Kindheitserinnerungen führte Heil wirksam ins Feld: „Meine Eltern haben sich getrennt. Mein Vater ist ins Ausland gegangen, um keinen Unterhalt zu zahlen, und hat meiner Mutter Schulden hinterlassen. Meine Mutter war voll berufstätig und geschieden, was in den siebziger Jahren in Westdeutschland schräg angeguckt wurde!“
Fatale Folge: „Ich bin aus der heilen Welt eines Bullerbü-Ortes in das gekommen, was man heute eine Plattenbausiedlung nennt“, erzählte der Minister weiter. „Das war eine harte Erfahrung. Es war aber auch die Erfahrung, dass ich durch die Hilfe meiner Mutter, durch Bildungschancen, da rausgekommen bin. Dass sozialer Aufstieg möglich ist. Das hat mich auch politisch geprägt!“
Lustigste Anekdote
Maischberger zeigte ein Foto von 1979: Als Sechsjähriger lag Heil beim Evangelischen Kirchentag einmal vor der Bühne auf dem Boden, ausgerechnet bei einer Rede Bundeskanzler Helmut Schmidts.
„Ich habe mich gelangweilt“, erklärte der Minister, „und musste damit leben, dass am nächsten Tag in den Nürnberger Nachrichten dieses Foto auf der Titelseite war, mit der Überschrift: Der Knabe, der dem Kanzler ganz, ganz nahe sein wollte…“
Duell des Abends
Zum Schluss ließ Maischberger die Öko-Aktivistin Carola Rackete und die FDP-Generalin Linda Teuteberg aufeinander los.
Rackete sagte, sie wolle Manager, deren Unternehmen dem Klima schaden, wegen „Ökozid“ vor Gericht stellen: „Diese Menschen rauben uns die Lebensgrundlage!“
Teuteberg setzt lieber auf Innovation und kluge Rezepte, denn nur mit Verboten „werden wir die anderen auf der Welt nicht überzeugen!“ Das Publikum fand beide Standpunkte gut.