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„Hart aber Fair“: Sternekoch Alexander Herrmanns harte Attacke auf Viren-Expertin Melanie Brinkmann

„Hart aber Fair: Lagerkoller im Lockdown: Was lässt Corona von unserem Leben übrig?“ ARD, Montag, 5.Mai 2020, 22.05 Uhr.

Der Sternekoch Alexander Herrmann, Inhaber des „Posthotels“ im oberfränkischen Wirsberg, hat in der ARD-Talkshow „Hart aber Fair“ am Montag die Infektiologin Prof. Dr. Melanie Brinkmann vom Braunschweiger Helmholtz-Zentrum stellvertretend für ihre Zunft heftig attackiert.

Wörtlich sagte der Gastronom: „Ihr Virologen sagt andauernd irgendwelche Zahlen! Wenn sie euch passen, dann sind sie richtig. Dann kommt ein anderer dahergekrochen und sagt: Ich bin auch Virologe, und das ist so nicht. Das ist genau, was mich aufregt!“

„Ich habe den Eindruck, dass ich nur genügend Virologen fragen muss, und dann kriege ich die Zahl, die ich brauche!“ wütet Herrmann weiter.

Die Stimmung ist gereizt. Aushalten, Raushalten, Maul halten! Das wünscht sich so mancher Politiker vom Bürger. Doch jetzt brennt die Lunte. Das bekam auich ARD-Talkmaster Frank Plasberg zu spüren. Die Gäste

Die Mainzer Ministerpräsidentin Malu Dreyer kämpft vor allem für ihre Gastronomie und droht, notfalls den Weg der Lockerung auch allein zu gehen.

Melanie Brinkmann warnt: „Wir stehen immer noch am Anfang der Pandemie, das vergessen viele!“

Der Schauspieler Ulrich Matthes will nach der Pandemie Supermarkt-Mitarbeiter ins Theater einladen.

Katrin Bruns, Mutter von drei kleinen Kindern, managt im Home Office Apothekermedien.

Alexander Herrmann schlägt Alarm: „Gastronomen rutschen immer weiter in die Corona Schuldenfalle!“

Besorgte und Betroffene. Küche, Kultur, Kinder. Plasberg sammelt erst mal ein, was er die „Druckpunkte“ nennt.

Schlimmste Klage

Zwangsheimwerkerin Bruns ist „extrem angespannt“, zu Hause sind die Eltern und die drei Kinder „voneinander genervt“. Fatale Folge: „Ich werde sehr ungeduldig mit den Kindern, auch weil mir die Arbeit im Nacken sitzt!“

Ihr Vorwurf: „Ich habe das Gefühl, dass keinem klar ist, was es bedeutet, wenn die Kita noch lange zu ist. Die Panik steigt, die Hoffnung sinkt, die Perspektive fehlt!“

Interessanteste Einschätzung

Bei vielen Betroffenen sei bereits das „seelische Notstromaggregat“ in Betrieb, meinte Matthes. Er selbst scheine „relativ resilient“ zu sein, weil er versuche, seine Bedürfnisse aus Vernunftgründen zu reduzieren.

Ich glaube nicht, dass ich zu einem Untertan werde, weil ich die Maßnahmen der Regierung für vernünftig halte!“ fügte er hinzu.

Lautester Alarmruf

„Bis hierher ist der Weg richtig“, stimmte Meisterkoch Herrmann zu. „Aber wenn wir jetzt so weitermachen, kommen wir an eine Klippe, wo wir alle hineinfallen und nie wieder rauskommen!“

Für die Lage der Gastronomie hat er drastische Begriffe: „Unternehmerisches Wachkoma! Ritt auf der Rasierklinge!“

Vernünftigstes Versprechen

Plasberg ist schelmisch zumute, und er dreht sich ein Wort der Kanzlerin zurecht: „Kommt eine Öffnungsorgie auf uns zu?

Dreyer bleibt locker: „Die sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, die ich koordiniere, sind alle auf diesem Weg“, erklärte sie und meinte: zu Lockerungen für Kitas und Restaurants wie in NRW und Niedersachsen.

„Wir werden das alle vorschlagen in der Kanzlerrunde“, kündigte sie für diesen Mittwoch an, „und wir wollen erreichen, dass wir bundesweit wirklich zu diesem Ergebnis kommen. Im Mai muss es jetzt beginnen!“

Willkommenste Ankündigung

Wir werden gucken, dass alle Kinder vor den Sommerferien auch noch in die Schule kommen“, versprach die Ministerpräsidentin. Ihr Plan: „Wir können natürlich nicht alle Kinder gleichzeitig in der Schule haben. Aber jedes Kind wird Kontakt zum Lehrer haben, und wir haben dann wenigstens die Situation, dass Kinder wieder andere Kinder treffen.“

Wichtigste Forderung

„Wir müssen bei jeder Anpassung das Infektionsgeschehen im Auge behalten!“ warnte die Infektiologin. „Die Infektionszahlen müssen so gering sein, dass auch die Ängste der Menschen gering bleiben!“

Über den Lockdown sagt sie: „Wenn ich mir die Kurve anschaue, bin ich begeistert, dass es so gut funktioniert hat!

Ihre Hoffnung sei nun, „dass die Einführung der Maskenpflicht schon reicht, um das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu halten!“

Dann seien auch Bundesligaspiele wieder möglich. Denn, so Prof. Brinkmann: „Es ist ein berechtigtes Anliegen, dass Fußballer, deren Beruf das ja ist, jetzt sagen, wir wollen wieder spielen können. Das Kriterium ist die Sicherheit!“

Dann ging der Zoff los

Talkmaster Frank Plasberg fragte Matthes nach der vielfach ersehnten Fußballfreiheit, doch der Schauspieler fand etwas anderes wichtiger: „Die Olaf Scholzsche Bazooka müsste jetzt mal auf den gesellschaftlich absolut relevanten Bereich der Kultur angelegt werden!“ schimpfte er.

Dann machte der Schauspieler die Ministerpräsidentin an: „Frau Dreyer, Sie haben sich vehement für Streichelzoos eingesetzt. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich mit der gleichen Vehemenz auch für das Kulturleben einsetzen!“ Rumms!

Temperamentvollste Attacke

„Wenn es so weitergeht, gibt es in ein paar Monaten nur noch die Hälfte alle Kinos!“ warnte Matthes. So langsam redete er sich in Rage. Plasberg wollte nachfragen, drang aber bald nicht mehr durch.

Es wäre schön“, sagte Matthes im glühenden Eifer für die gute Sache, „wenn die Bundeskanzlerin oder Olaf Scholz oder diese Menschen mit der gleichen Leidenschaft, mit der sie sich für die Lufthansa oder die Autoindustrie einsetzen, sich auch mal für die Kultur einsetzen würden!“

Überflüssigstes Foul

Dann war Plasberg endlich wieder dran, und wie reagierte der Talkmaster auf den Temperamentsausbruch seines Gastes? Er patzte ihn an. „Sie haben über Kultur gesprochen, Herr Matthes“, sagt er, „und ich möchte gerne über Gesprächskultur reden  – und an meine Frage erinnern!“ Nämlich, was die Fortsetzung der Bundesliga für ein „gesellschaftliches Signal“ sei.

Freundschaftlichste Unterstützung

Widerwillig sagte Matthes zwei Sätze zum Fußball und kam dann gleich wieder auf die Kultur.

Die Ministerpräsidentin eilte ihm fair zu Hilfe: Auch ihr sei Kultur ein großes Anliegen, sagte sie und lobte: „Ich bin froh, dass Sie da sind. Kultur braucht man auch zur Bewältigung der Krise!“

Ich möchte überhaupt nicht der Kulturfuzzi sein, der glaubt, weil er der Kulturfuzzi ist, wäre er etwas Besseres!“ schob Matthes noch nach.

Interessanteste Zahl

Die Bundesliga hat mir mit diesem Test ein wahnsinnig positives Signal gegeben“, freute sich der Sternekoch. „Weil, wenn von tausendsiebenhundert und paar Zerquetsche zehn positiv getestet wurden, dann ist das eine Quote von 0,6 Prozent. Ich weiß nicht, wie weit drunter wir noch wollen!“

Wutanfall des Abends

Doch die Infektiologin grätschte ihn gnadenlos ab: „Die Zahl sagt eigentlich überhaupt nichts!“ erklärte sie.

„Doch!“ rief Herrmann erbost.

„Nein!“ beharrte die Virologin und mahnte: „Ich rede jetzt!“ Es komme nicht auf die pure Zahl an, sondern darauf, ob sich die Zehn im gleichen Verein oder etwa in Vereinen aus verschiedenen Regionen angesteckt haben. Denn im zweiten Fall wäre die Dunkelziffer 20 Mal höher als bisher bekannt. Uff! Aber diese Info hält die Bundesliga unter dem Deckel.

Schärfster Protest

„Ich bin nicht in der Sklaverei, und deshalb muss ich das verstehen!“ erboste sich der Koch nach den komplizierten virologischen Ausführungen. „Sonst hocken wir da wie die Deppen!“ Und dieses Gefühl war nach dieser Sendung wohl auch manchem Zuschauer nicht ganz fremd…

Fazit: Hitzige Rededuelle, wilde Wortgefechte, von der angeblichen Corona-Entschleunigung keine Spur, und der stellenweise überforderte Moderator beging schwere Verstöße gegen das erste Talkgebot (Gäste sind wie Gäste zu behandeln): Das war eine Talkshow der Kategorie „Überdruckventil“.

 

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