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Gas-Talk bei Illner. Schwesig über Putins Pipeline: Trump ist schuld

„Maybrit Illner: Die Kosten der Krise – erst Preisschock, jetzt Pleitewelle?“ ZDF, Donnerstag, 15.September 2022, 22.15 Uhr.

Energie-GAU, Inflation, Rezession, Panik und von der Politik nur ideologiegetriebenes Stückwerk! Besonders der Mittelstand fühlt sich „verarscht“, und auch Maybrit Illner gruselt sich. Die Gäste:

Manuela Schwesig (48, SPD). Die mecklenburg-vorpommernsche Ministerpräsidentin strampelt hektisch gegen ihrer katastrophale Putin-Blamage an.

Katrin Göring-Eckardt (56, Grüne). Die Bundestagsvizepräsidentin twittert: „Ukrainische Soldaten verteidigen auch unsere demokratischen Werte!“ Hm – heißt das auch „Panzer marsch“?

Johannes Vogel (40, FDP). Der Parteivize fordert munter: „Wird alles teurer – Steuern runter!“

Yasmin Fahimi (54, SPD). Die DGB-Chefin will „zusätzliche Zahlungen vom Staat, damit die Menschen in Deutschland ihre Nebenkostenabrechnungen zahlen können.“

Siegfried Russwurm (59). Der Industrie-Präsident warnt düster: „Wer kann, überlegt aus Deutschland zu fliehen!

Alle machen sich riesige Sorgen, alle kritisieren schwerste Fehler – und trotzdem ist irgendwie niemand so richtig schuld!

Naivstes Eigenlob

Göring-Eckardt setzt sich mit einem ungedeckten Scheck an den Pokertisch: „Wir haben ein drittes Entlastungspaket, und wenn wir ein viertes brauchen, gibt’s ein viertes!“, verspricht sie vollmundig.

Ihre kühne Arbeitsplatzbeschreibung: „Was wir jetzt machen, ist schon eine andere Form von Politik. Wir sitzen jetzt nicht irgendwie im Hinterzimmer und dann kommt irgendwas auf den Tisch, und das wird dann gemacht!“

Sondern? „Was wir tun“, doziert die Grüne, „ist, mit Leuten reden und sagen: O.k, wenn es dieses Problem hier gibt, dann wollen wir genau dafür passgenau helfen.“ Hm – was ist daran denn eigentlich so neu?

Schlichteste Beschönigung

Die Talkmasterin fischt das dickste Haar aus der Suppe: „Es sollte ja dieses wuchtige Paket sein“, erinnert sie an die Entlastungspläne, „und dann wurde ganz schön viel nachgebessert!“

„Ja, man kann sagen nachbessern‘“, erwidert Göring-Eckardt ungerührt, „man kann aber auch sagen: Es entwickelt sich.“ Das klingt dann schon ein bisschen nach Robert Habecks feiner Unterscheidung zwischen Pleite gehen und nicht mehr produzieren.

Alarmierendste Zahlen

Der Industrie-Präsident gießt erst mal tüchtig Beton ins Talk-Fundament: „Wir haben eine Umfrage gemacht“, meldet er. „600 mittelständische Unternehmer. Ergebnis: beängstigend. Ein Drittel sagt: Wir sind in einer existentiellen Krise.“

Schlimmer noch: „20 Prozent haben entweder schon entschieden oder sind in Überlegungen, die Produktion aus Deutschland wegzuverlagern“, warnt Russwurm. „Auch solche ,wo ich das nie geglaubt hätte, also der typische Mittelstandspatriot.“

„Was mich besonders betroffen gemacht hat: 40 Prozent sagen, wir können uns die geplante Dekarbonisierung nicht leisten“, fügt der Präsident bedrückt hinzu, „weil die Perspektive so unsicher ist, dass wir das Geld zusammenhalten müssen.“

Peinlichster Patzer

Hilft diese Regierung nicht schnell genug? will Illner von der Ministerpräsidentin wissen. Schwesigs forsche Antwort: „Die Regierung hilft! Es ist ja gerade das zweite große Entlastungspaket gemacht worden…“

Wie bitte? „Das dritte“, korrigiert die Talkmasterin.

„Das dritte, stimmt“, verbessert sich Schwesig und grient: Zweites, drittes, alles nicht so wichtig!

Mutigste Anregung

„Langfristig müssen wir uns energieunabhängig machen“,  fordert FDP-Vize Vogel. „Mittelfristig müssen wir uns die Frage stellen: Wie erhöhen wir das Angebot? Wo kriegen wir günstige Energie her?“

Görig-Eckardt schaut ihn scharf an, doch Vogel traut sich trotzdem: „Deshalb diskutieren wir gleich wahrscheinlich auch über Kernkraftwerke.“ Eisige Blicke der drei rot-grünen Damen!

Diplomatischster Annäherungsversuch

Illner wägt die Argumente mit den gleichen Handbewegungen, mit denen Eichhörnchen ihre Nüsse sortieren: „Warum kommen all diese Vorschläge zu spät?“, staunt sie. „Hat das auch was mit dem Streit zwischen Grünen und FDP zu tun?“

„Nein, das glaube ich nicht“, dementiert Vogel tapfer. Allerdings: „Frau Göring-Eckardt und ich, so sehr wir uns auch persönlich schätzen, haben, Kernkraftwerke zum Beispiel, unterschiedlichen Positionen. Das müssen wir aushalten.“ Die Grüne lächelt spöttisch: Komm du mal nach Hause!

Dann springt das Zoff-o-Meter auf Rot

Schwesing schiebt dem Oppositionschef den Schwarzen Peter zu: „Es war Herr Merz, der im März ein Gas-Embargo gefordert hat“, erinnert                                                                                                                                                       sie. „Dann würden wir nicht durch den Winter kommen.“ Angriff ist die beste Verteidigung!

Vogel ergänzt die Rückschau mit einer deutlich unangenehmeren Tatsache: „In den letzten Jahren hatten wir eine geopolitische Naivität in der Abhängigkeit“, sagt er worwurfsvoll zu Schwesig. Doch die bis zum Schluss unbelehrbare Putin-Premiumkundin zuckt nicht mit der Wimper: Meint der mich? Nö.

Papiernste Entlastungsoffensive

 

Robert Habeck ist derjenige, der Tag und Nacht daran arbeitet, die Versäumnisse der letzten Jahre aufzuräumen, wie so ein Räumkommando!“, verteidigt Göring-Eckardt den wankenden Parteifreund. „Im Ministerium kannst du auch nachts um elf noch anrufen und es geht jemand ran.“

Auch die DGB-Chefin eilt dem Grüne-Chef zu Hilfe: „Im Übrigen will ich mal an der Stelle auch die Lanze dafür brechen: Insolvenz heißt nicht gleich Pleite gehen. Bei (Klopapier-)Hakle gibt es ein sogenanntes ‚Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung‘ mit dem Ziel des Fortbestandes.“ So steht es geschrieben, worauf auch immer.

Beschämendste Bilder

Der härteste ZDF-Einspieler zeigt dem Skandal um „Nord Stream 2“ in seiner ganzen sumpfigen Bodenlosigkeit. O-Ton zu Fotos von Putin mit deutschen Politikern: „Kreml-Freunde quer durch die Parteien.“ Zu einem fröhlichen Handschlag Schwesigs mit Putin-Pudel Gerhard Schröder: „Manche waren fast schon Streber.“

Bis zum ersten Schuss forderte die Ministerpräsidentin damals total beratungstaub, „auf kritischen Dialog und wirtschaftlichen Austausch mit Russland zu setzen“. Doch, so der ZDF-Kommentar: „Mit Russland wurde kein kritischer Dialog geführt, sondern eine Klimastiftung gegründet, finanziert von Gazprom. Ziel: Die Umgehung amerikanischer Sanktionen.

Flaueste Ausrede

Dass wir in diesem Schamassel sitzen, hat viel mit der Sozialdemokratie zu tun“, stellt Illner umstandslos fest. „Und es hat viel mit Manuela Schwesig zu tun?“

„Nein, das weise ich zurück!“, widerspricht die Ministerpräsidentin unbeeindruckt. „Ich finde, da machen es sich einige zu einfach! Durch ‚Nord Stream 2‘ ist nie Gas geflossen! Damit hat Putin kein Geld verdient, da hat er Geld versenkt!“

Fadenscheinigster Persilschein

Ja, auch ich habe auf Dialog und Zusammenarbeit gesetzt“, verteidigt sich Schwesig dann. „Das hat sich heute herausgestellt, dass das ein Fehler war und nicht mehr funktioniert.“ Aber: „Viele Jahrzehnte hat es geklappt!“

Ihre Rückzugsstrategie: „Mecklenburg-Vorpommern war nur für die Genehmigung der Leitung zuständig. Welche Verträge gemacht wurden, warum (Gasgroßhändler) Juniper sich abhängig gemacht hat, hat nicht Mecklenburg-Vorpommern zu verantworten!“

Billigster Blitzableiter

Illner erinnert sie an den Trick mit der Stiftung zur Umgehung amerikanischer Sanktionen: „Waren Sie auf der historisch falschen Seite?“

„Das würde ich mit dem Wissen von heute so nicht mehr machen“, räumt Schwesig immerhin ein, geht dann aber hinter der liebsten Reizfigur deutscher Amerikakritiker in Deckung: „Damals hatten wir die Situation, dass Donald Trump die Unternehmen, die an der rechtsstaatlich genehmigten Pipeline gearbeitet haben, mit Sanktionen bedroht hat.“ Uff!

Plumpstes Ablenkungsmanöver

„Gerhard Schröder hat mit dieser Politik viel Geld verdient“, meint die Talkmasterin dann und serviert der Ministerpräsidentin die perfekte Vorlage für einen Befreiungsschlag: „Was war Ihr Motiv, sich so zu engagieren?“

„Natürlich kein persönliches Geld“, antwortet die Ministerpräsidentin dankbar. „Das will ich hier in aller Deutlichkeit sagen.“ Solche Gaslieferungen habe es schon vor ihrer Geburt gegeben, und außerdem „haben wir als Bundesland massiv erneuerbare Energien ausgebaut. Da müssen sich andere fragen, ob sie genug gemacht haben!“

Unwillkommenster Zungensalat

Illner will es nun doch ganz genau wissen: „War diese Stiftungsgründung eine Idee der Russen?“

Wir haben das ganz transparent im Landtag vorgetragen“, antwortet Schwesig mit vollen Segeln, verhaspelt sich aber kurz vor dem Ziel: „Deswegen war da auch nicht ins … nicht in … nichts intransparent.“ Hosianna!

Genossenschaftlichste Schützenhife

Neben ihr zeigt die DGB-Chefin das dringende Bedürfnis, die bedrängte Genossin zu ihrer Rechten irgendwie herauszuhauen: „Ich würde zur Ehrenrettung noch dazu ergänzen wollen, dass es nicht nur alleine um die Verantwortung von Mecklenburg-Vorpommern geht“, meldet sie sich ungefragt.

Sondern? „Es war die Entscheidung der Bundesrepublik Deutschland aller Regierungen über verschieden Zeitphasen hinweg“, erklärt Fahimi feierlich, „dass wir aus Atomkraft und aus Kohle aussteigen und Gas zur Brücke in das erneuerbare Zeitalter definieren.“ Wenn wir schreiten Seit an Seit…

Zum Schluss noch mal Zoff

„Sie sind in Niedersachsen zu Hause“, merkt die Talkmasterin an, „politisch in der Sozialdemokratie…“

Doch die DGB-Chefin riecht den Braten: „Jetzt verbinden Sie mich nicht mit Gerd Schröder“, knurrt sie ärgerlich. „Da habe ich nichts mit zu tun!“

Nein? Immerhin hat sie im August 2017 mit Schröder für die SPD Hannover ein großes Interview über die Frage gemacht, „ob eine Strategie der sozialen Gerechtigkeit helfen kann, die Autokraten zurückzudrängen und international neue Stabilität zu finden“. Lang, lang ist’s her…

Letztes Gefecht

Illner lässt sich immer noch nicht abschütteln: „Wie solidarisch sind Sie heute mit der Ukraine?“, fragt sie Fahimi auch noch. „Es wurden Panzer angefragt.“

Jetzt guckt die DGB-Chefin wirklich böse. „Was das mit Niedersachsen zu tun hat, habe ich nicht ganz verstanden“, poltert sie genervt. „Ich bin wie viele Gewerkschafter auch Mitglied einer Partei. Wir sagen ganz klar, dass die Sanktionen gegen Russland richtig und berechtigt sind!

Schön, aber die Panzer? „Was die verteidigungspolitischen Einschätzungen angeht“, schwurbelt Fahimi drauflos, „da maße ich mir, anders als ich das in den vergangenen Monaten von einigen Bundestagsabgeordneten gehört habe, nicht an, das wirklich in jedem technischen Detail beurteilen zu können.“ Amen.

Zitat des Abends

„Man muss auch Sachen tun, wo ich sag‘: Mir graust‘s  davor!“ Siegfried Russwurm

Fazit

Jede Menge Ausflüchte, unglaubwürdige Ausreden, wackelige Alibikonstruktionen, löchrige Deckmäntel, halbherzige Notentschuldigungen, und seit Habecks Pleite-Spruch kennt plötzlich jeder einen Bäcker: Das war eine Talkshow der Kategorie Heine: „Denk ich an Deutschland…“

 

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