„Hart aber Fair. Fluchtziel Europa: Was haben wir aus 2015 eigentlich gelernt?“ ARD, Montag, 9.März 2020, 21 Uhr.
Geiselnahme nach der Methode Erdogan: Er hat Menschen, wir haben Geld, jetzt will der Türke gerne tauschen. In „Hart aber Fair“ zofften sich die Gäste darüber wie noch nie:
Katrin Göring-Eckardt (Grüne). Vor fünf Jahren jubelte sie: „Wir kriegen Menschen geschenkt!“ Was sagt die Fraktionschefin heute?
Serap Güler (CDU). Die NRW-Staatssekretärin für Integration warnt: „Deutschlands Integrationskraft ist nicht endlos, 2015 darf sich nicht wiederholen!“
Ralf Schuler. Der Journalist („BILD“) stellt fest: „In Deutschland ist ein großer Teil der Akzeptanz für Migration aufgebraucht. Wer darauf nicht reagiert, riskiert, dass das politische System ins Wanken gerät!“
Florian Schröder. Der ARD-Kabarettist ist „fassungslos, wie hilflos Europa im Moment agiert“.
Liza Pflaum. Die Mitinitiatorin der „Seebrücke“ ist „schockiert, dass es nicht mehr darum geht, Flüchtlinge zu schützen, sondern nur noch darum, sich vor ihnen zu schützen!“
Politik, Medien, NGO. Die Stimmung ist explosiv, wer hatte die kürzeste Lunte?
Zuerst der übliche Aufsageteil
Kabarettist Schröder war auch diesmal nicht für Pointen, sondern fürs Poltern zuständig: „Ich bin schockiert!“ sagte er zu den Bildern von der griechisch-türkischen Grenze und klagte: „Kälte! Barbarisch!“
Damit meinte er allerdings nicht etwa die Türken, die scharenweise Afghanen und andere Migranten aus Istanbul herangekarrt hatten. Sondern er schimpfte auf die Griechen, die ihren Grenzzaun gegen Steinewerfer und Drahtscheren verteidigen.
Klügste Antwort
Der Talkmaster startete eine versteckte Moralattacke auf die CDU-Politikerin: „Können Sie diese Bilder aushalten?“
Doch auf so plumpe Weise ließ sich die Staatssekretärin nicht aufs Glatteis führen: „Wenn wir diese Bilder nicht mehr wollen“, antwortete sie prompt, „dann muss die Grenze jetzt zu bleiben!“
Deutlichste Ansage
Denn, so Güler: „Wenn die Grenze jetzt geöffnet wird, wird das dazu führen, dass sich noch mehr Menschen auf den Weg machen!“
Über die unbegleiteten Jugendlichen, um die es jetzt geht, sagte sie: „Auch das ist ein Faktum, dass Familien ihre Kinder vorschicken, sie in die Hände von gefährlichen Schleppern geben, die versuchen, aus dem Elend dieser Menschen Profit zu schlagen!“
Interessanteste Auslegung
Die Grüne-Fraktionschefin tat, was sie gerne macht: Sie versucht, andere Meinungen mit der Moralposaune niederzudröhnen. „Es geht für mich nicht um Bilder, sondern es sind Menschen, um die es geht!“ erklärte sie vorwurfsvoll. Ihr Blick sagt: Schämt euch!
Denn: „Es ist ja nicht so, dass irgendjemand da Menschen hinschiebt und sagt: So wir filmen euch jetzt mal“, behauptete sie energisch. „Sondern es sind ja wirklich Wasserwerfer, die dort eingesetzt werden!“
Und schon geht das Zoff-o-Meter los
Plasberg wagte trotzdem Widerworte: „Erdogan hat die Menschen schon hingeschoben, oder transportiert, im Bus!“ stellte er fest. „Und zwar auch, damit solche Bilder gemacht werden!“
Doch solche Argumente können den humanitären Eifer nicht bremsen: „Trotzdem geht es da um Menschen!“ erwiderte die Grüne in aller Schlichtheit.
Göring-Eckardts Position: „Wir müssen Ordnung an der Grenze haben. Davor aber muss Schluss sein mit der Gewalt. Aber wenn wir Rechtsstaatlichkeit haben wollen, dann müssen die Menschen das Recht haben, Asyl zu beantragen!“ Soll wohl heißen: Wenn die Grenze aufgemacht wird, muss sie nicht mehr belagert werden…
Unauffälligstes Zugeständnis
Der Forderung, 2015 dürfe sich nicht wiederholen, verpasst sie einen eigenen Akzent: „Das Chaos nicht!“
Ihren vielzitierten Spruch von damals – „Wir kriegen Menschen geschenkt“ – wiederholte sie trotzdem nicht. Lieber sagte sie: „Wir können stolz darauf sein, dass wir es in einer schwierigen Situation geschafft haben, Menschlichkeit zu zeigen!“
Schärfster Wortwechsel
„Die Große Koalition reagiert auf das aufgebrauchte Vertrauen in dieser Migrationskrise“, stellte BILD-Schuler fest. „Die AfD ist nicht die Ursache des Meinungsumschwungs, sondern die Folge!“
„Die Ursache ist so eine Stimmungsmache, wie Sie die gerade wieder machen!“ patzte ihn die Grüne an und behauptete: „Die Mehrheit der Deutschen hat eine andere Position!“
„Ja, das sind Ihre Umfragen“, keilte der BILD-Mann zurück. „Wenn man fragt: Soll man ein kleines Kind aus einem Lager aufnehmen – wer würde da denn Nein sagen?!“
Sachlichste Analyse
„Es gibt da unten keine Flüchtlingskrise, sondern eine Erpressung von Erdogan!“ machte Schuler klar.
Doch der Talkmaster fuhr ihm gleich in die Parade: „Ob das wirklich Erpressung ist oder ob er nicht in manchen Punkten Recht hat, darüber werden wir noch reden!“
Hämischster Spruch
CDU-Güler verteidigte die Online-Warnung des Innenministeriums in arabischer und persischer Sprache, dass die Grenzen nicht offen, sondern geschlossen seien: „Es ist richtig, dass wir die falsche Kommunikation der türkischen Regierung richtigstellen!“
„Sagt die CDU-Staatssekretärin für Integration in Nordrhein-Westfalen“, kommentierte der Talkmaster mit süffisantem Grinsen. „Sind Sie sich bewusst, dass das eine unerwartete Position ist?“
Klarste Kante
„Wieso?“ wunderte sich die Staatsekretärin. „Wieso ist es unerwartet, dass man Menschen über Tatsachen informiert und sie nicht mit falschen Hoffnungen, falschen Versprechungen an die Grenze lockt?“ Rummms!
Ungewöhnlichste Erklärung
„Natürlich muss man die Grenze schützen“, gab
auch Göring-Eckardt zu, behielt aber ein As im Ärmel: „Das geht nur dann, wenn nicht Gewalt herrscht“, behauptete sie, „und wenn es einen legalen Übergang gibt!“
Schuler klagte über „marodierende Horden“, die versuchten, mit Gewalt in Europa einzudringen. Auf Lesbos klagen Bauern, dass ihre Ziegen gestohlen und ihre Ölbäume verfeuert werden.
„Eine Grenze ist auch dazu da, dass bestimmte Leute nicht durchgehen“, sagte der BILD-Mann. „Das heißt Kontrolle!“
Hitzigstes Wortgefecht
„Ich bin von der ganzen Sprache dieser Diskussion schockiert!“ beschwerte sich der Kabarettist. „Auch, mit welcher Selbstverständlichkeit Herr Schuler von ‚marodierenden Horden‘ spricht. Wir reden von Menschen in Not wie über Ungeziefer…“
Und weiter: „Sie sprachen über Menschen, als seien das Truppe, als seien das Tiere!“
Schuler ließ sich das nicht gefallen: „Sie haben doch die Bilder gesehen, wo versucht wird, den Grenzzaun niederzureißen“, konterte er.
Dann geriet der Talk aus den Fugen
„Das sind Menschen, die in tiefster Not sind“, rief der Kabarettist empört. „Die machen das doch nicht, weil sie uns überrennen wollen!“
Wirklich nicht? Da sind die Griechen aber anderer Meinung.
Aber auch Schuler kann schweren Säbel: „Was Sie nicht wahrhaben wollen, ist, dass Sie sich gerade als nützlicher Idiot von Erdogan betätigen!“ hielt er Schröder vor.
Schlimmste Entgleisung
Jetzt flippte der Kabarettist aus: „Merken Sie gar nicht, wie Sie Unmenschlichkeit salonfähig machen?“ wütete er.
Sein giftigster Satz: „Ich weiß nicht, ob Sie das absichtlich machen. Dann ist das einfach entsetzlich. Oder Sie merken es gar nicht. Dann ist es doof!“
Schlappster Einspruch
„Im Interesse dieser Sendung möchte ich bitten, sprachlich abzurüsten“, sagte der Talkmaster etwas lau und interviewte die Flüchtlingsaktivistin. Sie ist soeben aus Lesbos zurückgekehrt.
„Totales Chaos“, schilderte sie die Lage auf der Ägäis-Insel. „Totales Staatsversagen!“ Die Flüchtlinge würden dort „entrechtet“ und „entmenscht“.
Dringlichste Warnung
Schuler fürchtet neue Flüchtlingsströme: „Man muss vor Ort helfen“, sagte er. „Zu glauben, dass wir das alles bei uns händeln können, ist eine Illusion, die dazu führen wird, dass die Bruchlinien in Europa wieder aufbrechen!“
„Rhetorik!“ schimpfte die Aktivistin sofort und holt die ganz große Keule raus: „Vollkommener Blödsinn! Alle machen jetzt plötzlich die Arbeit für die AfD!“
„Jetzt müssen die parteipolitischen Spielchen aufhören!“ forderte Güler zu Schluss „Die AfD hat dieses Thema für sich genutzt. Und jeder, der die AfD wählt, weiß, was er tut: Er wählt diese rassistische, faschistische Ideologie. Er wählt sie nicht trotz dessen, sondern er wählt sie genau deshalb!“
Fazit: Statt „Hart aber Fair“ nur verlogene Vorzeigetoleranz mit Polit-Gepöbel auf Oliver-Pocher-Niveau, dazu ein überforderter, schlecht vorbereiteter Talkmaster: Das war ein Talk für die Rubrik „Gift und Galle“.