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Eklat bei Maischberger! Politologe: Die Ukraine ist sowieso verloren

„Maischberger“. ARD, Dienstag, 14.Juni 2022, 22.50 Uhr.

Neue Talkshow, alte Themen: Immer mehr Massenmorde in der Ukraine, immer mehr Sorgen zu Hause im teutonischen Teuerland. Preisfrage: Quält sich der Kanzler endlich nach Kiew? Sandra Maischberger sucht Antworten. Die Gäste:

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (70, FDP). Die Ex-Bundesjustizministerin zeigte Putin beim Generalbundesanwalt wegen Kriegsverbrechen an.

Johannes Varwick (54). Der Politologe sucht Kriegsschuld im Westen und hält Waffenlieferungen für falsch.

Wolfgang Grupp (80). Der Textilfabrikant findet die USA „nicht ganz unschuldig“ am Krieg und erklärt, er sei „weder Freund noch Freund von Putin“, denn „ich kenne ihn schließlich nicht“. Kennt er Hitler?

Oliver Kalkofe (56). Der Comedian sagte auf der Friedenskundgebung „Sound of Peace“: „Putin, beende deinen Krieg! Du bist ein Lügner, und du hast verloren!

Elisabeth Niejahr (57). Die Publizistin („Hertie-Stiftung“) macht klar: „Es ist derart eindeutig, wer der Aggressor ist, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für solche Unschärfen ist.“

Hajo Schumacher (58). Der Journalist („Berliner Morgenpost“) urteilt: „Das Problem bei Putin ist, dass niemand weiß, was er wirklich will.“ Uff! Nicht zugehört?

Meinungsvielfalt bis weit in den roten Bereich!

Coolste Eröffnungsansprache

Der Comedian heitert die Runde erst mal mit einem Spruch über den Fahr-Plan von Scholz, Macron und Draghi nach Kiew auf: „Zunächst einmal ist es ja erfreulich, dass er jetzt überhaupt eine Reisegruppe gefunden hat, um dann doch zu fahren“, spottet er über den Zauder-Kanzler, „weil das ja am Ende fast etwas von Bockigkeit hatte!“

Kalkofes rockiger Vergleich: „Wenn da jetzt drei solche Schwergewichte als Trio mit vier Fäusten auflaufen, dann muss man auch was mitbringen. Wenn sich Mick Jagger, Paul McCartney und Bruce Springsteen vor die Leute stellen, können sie ja auch nicht sagen, wir singen nicht, wir wollten nur sagen, wir sind immer für euch da!“

Freigebigster Kritikvorschuss

Olaf Scholz hat zwei Bodyguards dabei“, lästert Schumacher. „Das ist schon ein bisschen Schadenminimierung. Man kann sich das Statement von Olaf Scholz schon vorstellen, in seiner Wolkigkeit und Uneindeutigkeit.“

Kalkofe setzt auf die Kanzlerschelte noch einen drauf: „Ich finde, dass er bisher für maximale Verwirrung gesorgt hat“, schimpft er auf Scholz. „Er vermittelt das Gefühl, es gäbe einen Masterplan, aber den darf er noch nicht verraten. Arbeitet er daran, oder hofft er, irgendeiner bringt ihn noch mit?“ Heiterkeit in der Runde!

Klügster Kommentar

„Man versteht Olaf Scholz am besten mit dem Gedanken an zwei frühere SPD-Kanzler“, vermutet die Publizistin. „Ich glaube, dass er meint, sich von Helmut Schmidt abzuschauen, dass man sich nicht unbedingt von der öffentlichen Meinung unter Druck setzen lässt.“

Und, so Niejahr weiter: „Ich glaube, er denkt an Gerhard Schröder mit seinem Nein zum Irak-Krieg. Dass die Zurückhaltung beim Liefern schwerer Waffen etwas ist, was die Stimmung bei den Deutschen trifft. Ich persönlich teile das nicht!“

Deutlichste Warnung

„Olaf Scholz hat sich freiwillig und ohne Not zur Zielscheibe gemacht“, urteilt Schumacher über die ständige Kanzler-Kritik aus der Ukraine. „Wenn man die Pfeile so freiwillig auf sich zieht, muss man mal überlegen, ob der Satz ‚Wer Führung bestellt‘ nicht doch eher Stoff für den Kollegen Kalkofe ist.“

Schmunzeln beim Comedian, und der Journalist legt mit Kritik an der SPD nach: „Das Verhältnis zu Russland ist ein riesengroßes Trauma, da sind ganz viele Weltbilder zerstört worden, und die SPD ist nach wie vor die Machtressource von Olaf Scholz. Wenn er sich zu weit davon entfernt, bröselt ihm sein Fundament auch noch weg.

Schärfste Anklage

Leutheusser-Schnarrenberger kommt mit einem bunten Halstuch wie von Claudia Roth geborgt und bringt auch Argumente wie die grüne Koalitionskollegin: „Wir erleben jetzt im vierten Monat einen brutalen Vernichtungskrieg, auch mit Einsatz von Streumunition!“ wettert die Ex-Ministerin los.

Ihr Vorwurf: „Wir sehen, dass die Ukraine, wenn sie früher mehr Waffen bekommen hätte, sich anders hätte verteidigen können!“ Wirkliche Möglichkeiten zu Verhandlungen mit Putin sehe sie im Moment nicht.

Dramatischste Warnung

„Russland hat vitale Interessen in der Ukraine“, hält der Politologe dagegen. „Die Frage ist, ob wir eine politische Lösung brauchen, mit der auch Russland einverstanden sein kann!“

„Der Gedanke, dass man mit einem Russland, wie es heute ist, einen Interessenausgleich hinbekommt, ist sehr unpopulär“, gibt er zu, „es ist aber notwendig. Was wir jetzt machen, ist ein Ritt auf der Rasierklinge!“

Zynischste Konsequenz

„Mit immer mehr Waffenlieferungen sind wir auf dem Schritt, Kriegspartei zu werden“, fürchtet Varwick. „Wenn man das zu Ende denkt, landen wir womöglich in einem Krieg mit Russland, und das gilt es um fast jeden Preis zu verhindern.“

Wie bitte? Lautheusser-Schnarrenberger hebt sofort den Finger: „Das heißt, um den Preis der Ukraine!“, protestiert sie.

Für den Professor kein Problem: „Das ist bitter für die Ukraine“, gesteht er umstandslos, „aber wir sollten aussprechen, dass wir nicht identische Interessen mit der Ukraine haben.“ Uff!

Akademischster Wutanfall

Dann hebt der Politologe beschwörend die Hände: „Das erste Ziel ist, dass wir nicht in einen Krieg mit Russland geraten, der am Ende auch atomar eskalieren könnte“, doziert er.

Und jetzt bricht der Ärger voll aus ihm heraus: „Das ist die Rationalität von Olaf Scholz!“, poltert er, „und die wurde gerade als Zaudern und Zögern diffamiert! Man kann auch sagen: Das ist Verantwortungspolitik!“ Hm – man kann aber auch wie einst in der Nachrüstungsdebatte sagen: Lieber rot als tot…

Schlimmster Schwurbelanfall

Maischberger kommt auf den Punkt: „Sie würden also die Waffenlieferungen an die Ukraine einstellen. Was würde dann passieren?“, fragt sie den Politologen.

Doch diesen Pudding kriegt sie nicht an die Wand genagelt: „Das ist keine Frage von Einstellen oder nicht Einstellen“, windet sich Varwick.

Die Talkmasterin lässt nicht locker: „Sie haben gerade gesagt, man muss es zu Ende denken!“

„Richtig“, nickt der Professor, und nun denkt er flott drauflos: „Die Alternative ist, eine Situation herbeizuführen, mit diplomatischer Energie, mit ökonomischem Druck und am Ende vielleicht auch mit Sicherstellung der Verteidigungsfähigkeit der Ukraine.“ Also doch? Halleluja!

Gespenstischster Einspieler

Varwicks Credo folgt der Argumentationslinie Putins: „Die Eskalationsdominanz liegt auf der russischen Seite, bis hin zum größten GAU“, beharrt der Politologe. „Deswegen brauchen wir Lösungen, mit denen Russland leben kann.“

Was das bedeutet, illustriert Maischberger mit einer Szene, in der Putin sich grienend mit Zar Peter dem Großen vergleicht. Zitat: „Es sieht so aus, als seien wir heute an der Reihe, Land zurückzuholen und an Russland anzuschließen.“

Klarste Ansage

Leutheusser-Schnarrenberger kann sich kaum noch bremsen: „Putin verfolgt seine Kriegsziele brutal!“, grollt sie. „Menschenleben sind ihm egal!“

Aber, so die Ex-Ministerin weiter: „Er versteht eine Sprache der Macht und der Stärke. Er ist nicht in dem Sinne geschwächt, dass er jetzt auf irgendetwas eingehen muss. Um die Ukraine überhaupt in die Lage zu bringen, dass es etwas zu verhandeln gibt, muss man sie jetzt stärker mit Waffen unterstützen.“ Punkt!

Prompt geht der Zoff an

„Die moralische Aussage, dass in der Ukraine jetzt die Freiheit Europas verteidigt wird, ist falsch!“, urteilt Varwick. „Die Ukraine ist ein geopolitisch komplexer Raum, der gewissermaßen eine sich überlappende Einflusszone zwischen dem Westen und Russland war, und das haben wir nicht verstanden!“

„Und da vergessen wir leider 45 Millionen Ukrainer!“, kontert Leutheusser-Schnarrenberger, „wenn wir nur über die Ukraine als Pufferzone reden und damit letztendlich die Aufgabe der Ukraine in Kauf nehmen!“

Wütendste Attacke

Der Professor will die Ex-Ministerin mit einer verbalen Atombombe plattmachen: „Ihr Weg landet im Krieg mit Russland!“, wirft er ihr vor.

Doch die FDP-Politikerin lässt sich nicht ins Bockshorn jagen: „Putin hat von Anfang an mit Atomkrieg gedroht, um keine Unterstützungsaktion des Westens für die Ukraine zu bekommen“, erinnert sie. Die Waffen wurden aber trotzdem geliefert, und „jetzt kommt diese Eskalationsstufe nicht mehr so sehr vor.“

Rücksichtsloseste Behauptung

„Das Problem werden wir erst lösen, wenn in Russland eine andere innenpolitische Situation ist“, hofft der Politologe. „Wir müssen diesen Konflikt einfrieren und jetzt nicht mit Prinzipien überladen. Irgendwann wird Putin weg sein.“

Die Ex-Ministerin hält es kaum noch auf ihrem Stuhl: „Wenn wir jetzt zu einem eingefrorenen Konflikt kommen, auf dem jetzigen Status, dann ist die Ukraine kaputt und weg!“, ruft sie empört.

„Die ist sowieso verloren!“, unterbricht Varwick sie ungerührt. „Das ist die bittere Wahrheit!“

Verspätetster Ordnungsruf

„Bei allem Respekt, Herr Professor“, mahnt die Talkmasterin erschrocken, „es hören uns auch Ukrainer und Ukrainerinnen zu!“

„Sie ist nicht verloren!“ widerspricht Leutheusser-Schnarrenberger zornig.

Doch wie tief die Ungewissheit sitzt, zeigt sich danach auch im Interview mit Textilunternehmer Grupp, der vor allem über die hohen Gaspreise schimpft: „Das ist für uns auf die Dauer nicht durchhaltbar. Die Verträge mit Russland will man ja alle stoppen, und der Amerikaner freut sich, dass er für sein Fracking-Gas mehr Geld kriegt.“ Darüber den Mantel der Nato-Nächstenliebe.

Zitat des Talks

„Ich finde es nicht falsch, wenn jemand eine Balance sucht, weil, sonst fällt man schnell auf die Schnauze!“ Oliver Kalkofe über Olaf Scholz

Fazit

Schwammige Standpunkte, gefährliche Argumente, verquere Wahrnehmungen, der Gerechtigkeitssinn im Dauerfeuer menschenverachtender Ideologie: Das war eine Talkshow der Kategorie „Minenfeld“.

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