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Dramatische Warnung bei Anne Will. Putin ist bereit, die Welt zu zerstören!

„Anne Will: Raketen auf zivile Ziele – Ist Putin noch zu stoppen?“ ARD, Sonntag, 16.Oktober 2022, 21.45 Uhr.

Das sinnlose Wüten der Russen in der Ukraine wird immer barbarischer: Krankenhäuser, Wohnblöcke und Einkaufszentren in Trümmern, Bombenkrater auf Spielplätzen, verstümmelte Kinder. Auch Anne Will ist entsetzt. Ihre Gäste:

Viktor Jerofejew (75). Der Schriftsteller, im Frühjahr aus Moskau nach Brandenburg geflüchtet, klagt: „Wieder einmal verliert Russland den Verstand!“

Martin Schulz (66, SPD). Der Ex-Kanzlerkandidat zählte lange zu den Putin-Verstehern um Ex-Kanzler Gerhard Schröder.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (64, FDP). Die Verteidigungspolitikerin schimpft auf Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, der den Ruf nach „Leopard 2“-Panzern mit den Hoffnungen der Nazis auf die „Wunderwaffe“ V2 verglich. No Go!

Marina Weisband (35). Die deutsch-ukrainische Publizistin fordert Kampfpanzer für die Ukraine, denn: „Je mehr Unterstützung, desto kürzer wird der Krieg!“ Sie wird aus Münster zugeschaltet.

Sarah Pagung (33). Die Politologin urteilt: „Die militärische Lage ist für Russland katastrophal!“

Putins Kriegsverbrechen sind so eklatant, dass es gar keine zwei Meinungen geben kann, aber das Zoff-o-Meter bleibt trotzdem wachsam!

Klarsichtigste Vorhersage

Dieser Krieg ist darauf ausgelegt, Terror zu veranstalten, die Zivilbevölkerung zu töten und die Ukraine als Land zu vernichten“, analysiert Publizistin Weisband. „Es ist eine Phase, in der Putin versucht, sehr, sehr viel Terror zu machen.“

Ihre Prognose: „In der nächsten Phase wird er versuchen, für einen sehr schnellen Waffenstillstand Werbung zu machen, weil Cherson kurz davor steht, befreit zu werden, und Putin die Truppen ausgehen.“ Sein Ziel sei jetzt „ein Einfrieren des Konflikts, damit er in Ruhe aufrüsten und im Januar/Februar die neue Invasion fahren kann.“

Dringendster Appell

„Es geht jetzt darum, abzusichern, was Russland bisher erobert hat“, sekundiert Expertin Pagung, „und der Ukraine massiven Schaden zuzufügen, um ihre Fähigkeit zu weiteren Rückeroberungen zu minimieren.“

„Der Optimismus, dass man sein Land verteidigen kann, ist ungebrochen“, meldet FDP-Politikerin Strack-Zimmermann aus der Ukraine. Dort glaube man, dass Putin mit den Atomdrohungen „hoch pokert, um Angst zu säen“, auch in Deutschland. Ihr Rat: „Wir sollten uns davon nicht einschüchtern lassen!

Verheerendstes Charakterbild

Autor Jerofejew kennt Putin persönlich: „Das ist ein Mensch des Krieges“, urteilt er. „Ein Mensch aus den Leningrader Hinterhöfen, ein Gopnik, ein Hinterhofschläger.“

„Was mich verwundert“, so Jerofejew, „ist, dass die Ukrainer sich so großartig verteidigen. Heroisch, wie wahre Helden. Ich glaube, dass hier eine neue, sehr starke europäische Nation im Entstehen ist. Das Putin-Regime befindet sich jetzt im Leiden, im Schmerz, in einer Agonie. Es ist ein Todesschmerz.“

Schlüssigste Forderung

„Alles das, was jetzt reingeworfen wird, alle Streitkräfte, die gegen die Zivilbevölkerung reingeworfen werden, ist die Verzweiflung Putins“, diagnostiziert der Schriftsteller mit lebhaften Gesten. Das sei „ein Beweis dafür, dass er diesen Krieg nicht gewinnt!“

Jerofejews Forderung: „Ich bin dafür, dass alles, was der Ukraine gehört, auch wieder an sie zurückkommt. Und dann natürlich auch Reparationszahlungen geleistet werden, der Wiederaufbau finanziert wird.“ Und zwar mit Wumms!

Trockenste Antwort

„Ihr Vater war Diplomat und der Französisch-Dolmetscher von Stalin“, liest Will dem Gast von ihrem Spickzettel vor. „Sie sind im Frühjahr geflohen. Warum? Weil Sie in Moskau nicht mehr sicher waren?“

Ich sollte sagen, dass man sich in Moskau nie so richtig in Sicherheit wiegen kann“, antwortet Jerofejew bündig. „Es gibt dort nur unterschiedliche Arten der Gefahr!“

Drastischste Warnung

Ich glaube, dass der russische Staat eigentlich schon eine Leiche ist“, erklärt der Schriftsteller dann mit ausgebreiteten Armen. „Die Menschen laufen jetzt wie Ameisen und versuchen, von dieser Leiche wegzukommen. Viele sind weg. Hunderttausende!“

Seine größte Sorge: „Putin wird alles machen, um nicht als Verlierer dazustehen. Alles! Außerdem glaube ich, dass man ihn im Westen zu Unrecht für einen rationalen Menschen hält. Er ist bereit, die Welt zu zerstören, mit sich zusammen!

Beängstigendste Beobachtung

„Putin sagte einmal, die Welt ohne Russland ist für ihn nicht interessant“, schildert Jerofejew weiter. „Auf Fotos sieht er immer gelangweilt aus. Aber sobald er eine Waffe in der Hand hat, lebt er auf. Diese Gopnik-Kultur hat sich über ganz Russland verbreitet, und deshalb wird er so unterstützt.

Denn, so der Autor weiter: „Dieser Gewaltkult spricht sehr viele Leute an. Das ist ein Elend unseres Landes. Russland ist allmählich gestorben, weil wir keine gemeinsamen Werte gefunden haben. Wir sind ein sehr archaisches Volk, das davon ausgeht: Der Zar ist unser Schicksal, und das Schicksal ist der Zar.“

Beruhigendste Analyse

„Putin ist alles zuzutrauen“, urteilt auch Ex-SPD-Chef Schulz. „Man muss alles ernst nehmen, was der Mann tut. Er ist ein KGB-Offizier. Ein Geheimdienstmann. Geheimdienstleute sind geschult im Täuschen, im Ausreizen aller Optionen, auch des terroristischen Vorgehens.“

 

Aber, so der Politiker weiter: „Am Ende ist es so, dass sie niemals den Schritt machen, ihr eigenes System zu vernichten. Deshalb glaube ich, dass man die große Angst vor den Atomschlägen nicht haben muss. Das Drohen ist ein Teil dieser Geheimdienststrategie.“

Nüchternste Betrachtung

„Die Zerstörung von Mariupol allein ist ungefähr äquivalent zu fünf taktischen Atombomben“, schätzt Publizistin Weisband unerschrocken. Es sei also nicht so, dass Putin nicht jetzt schon enorme Zerstörungen anrichte.

Ihre Analyse: „Die stärkste Waffe von Putin ist unsere Angst, die Angst der demokratischen Länder, die dann verzagen, sich spalten lassen, zögern, sich erpressen und dadurch immer wieder in neue Kriege verwickeln lassen.“

Erfolgversprechendstes Rezept

Was Putin am meisten fürchten würde, ist, dass wir ihn nicht weiter psychoanalysieren“, glaubt Weisband, „sondern sagen: Hey, du macht das und das? Dann schicken wir noch ein paar Leoparden. Oh, du führst hybriden Krieg? Dann entwickeln wir Strategien dagegen und stehen noch enger mit unseren Verbündeten zusammen.“ Und so weiter. Passt!

Deprimierendste Lagebeurteilung

„Das Wort ‚Gesellschaft’ lässt sich nicht auf Russland anwenden“, warnt Jerofejew. „Wir haben keine Zivilgesellschaft, als Gemeinschaft von Menschen mit gemeinsamen Moralwerten. Die Frage ist nur: Bringen wir das Land auf die Intensivstation oder in Leichenschauhaus?

Noch schlimmer: „Ich bin der Meinung, Russland ist schon eine Leiche, die zerfällt“, trauert der Schriftsteller und hebt hilflos die Hände. „Man sagt, Putin ist ein schlauer Mann. Nein, er ist kein schlauer Mann. Er ist ein einfacher Bengel, der irgendwie durch Zufall an die Macht gekommen ist und nun nach seinen Regeln diktiert.“ Ächz!

Ungewöhnlichste These

Jerofejews Lösungsvorschlag: Ein Treffen der Staatspräsidenten der USA und Chinas. Denn, so der Autor mit heftigen Handkantenhieben in die Luft: „Der einzige Mensch, auf den Putin hört, ist Genosse Xi.“

Und, so der Autor weiter: „Das schlimmste ist: Putin langweilt sich. Er kämpft aus Langeweile!“

Als Zeugen nennt er Joe Bidens Vorvorgänger: „Obama hat auf einem G8-Gipfel zu Putin gesagt: Du sitzt da hinten in der letzten Reihe in der Schule, weil du dich langweilst!“

Wichtigstes Duell

Dann springt das Zoff-o-Meter an. Schulz lehnt die Lieferung von „Leopard“-Panzern an die Ukraine ab, Strack-Zimmermann fordert sie.

„Ich halte mich an das, was die Nato und die westliche Staatengemeinschaft beschließen“, erklärt der SPD-Mann und will dann rasch das Thema wechseln: „Ich glaube, dass wir eine große Chance haben, China auf die

Seite der Russland-Kritiker zu bekommen…“

„Ich verstehe, dass Sie Ihre Parteifreunde nicht korrigieren wollen“, kontert die FDP-Frau und wettert: „Immer die Argumente, man klärt das erst mal mit den Partnern! Das hat so einen langen Bart! Keiner in den USA oder Europa hat Angst, dass Deutschland zu viel macht!“

Dialog des Abends

Verärgert patzt Schulz darauf die Kollegin an: „Ich habe den Eindruck, dass Sie was anderes wollen, nämlich, dass die Bundesregierung sagt, wir liefern jetzt unilateral!“

„Nein!“, wehrt sich Strack-Zimmermann. „Ich weiß aus verlässlichen Quellen, dass man uns immer wieder gesagt hat: Wenn ihr einen Schritt macht und etwas vorschlagt, wird das dankend aufgenommen. Aber wir schlagen nicht vor, wir warten immer…“

„Diese Reaktion habe ich in den europäischen Hauptstädten nicht gehört“, behauptet der SPD-Politiker mit mahnend erhobenem Zeigefinger.

„Ich höre das“, behauptet die FDP-Politikerin mit energischem Nicken, „und ich glaube daran.“ Uff!

Beste Frage

Zum Schluss ordnet Expertin Pagung die deutschen Hilfsleistungen für die Ukraine ein: In absoluten Zahlen sei man zwar auf Platz 4, aber gemessen am Bruttosozialprodukt nur Dreizehnter.“ Stöhn!

Gerade die Bundesregierung mit ihrer Zeitenwende und ihrem Führungsanspruch“, spottet die Politologin dazu und hebt wie hilfesuchend die Hände. „Da fragt man sich natürlich: Wie will man vom dreizehnten Platz aus führen?“

Zitat des Abends

„Führen bedeutet auch, Risiken einzugehen und sich nicht immer hinter allen anderen zu verstecken.“ Sarah Pagung

Fazit

Klare Kanten auf Russisch, kluge Kommentare der Expertinnen, doch die Argumente der Politik wurden durch ständige Wiederholung nicht besser. Das war eine Talkshow der Kategorie „Streckbetrieb“: Viel Trara, dann aber laufend abnehmende Leistung.

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