„Anne Will: Straßen blockieren, Kunst attackieren – helfen diese Aktionen beim Kampf ums Klima?“ ARD, Sonntag, 20.November 2022, 21.15 Uhr.
Welt-Klimakonferenz in Ägypten: 30.000 Leute aus fast 200 Staaten, aber Ergebnis fast wie beim Hornberger Schießen. Wird der Klebekrawall deswegen jetzt noch gefährlicher? Anne Wills Gäste:
Marco Buschmann (45, FDP). Der Justizminister denkt dringend über härtere Strafen für Klimakriminelle nach: „Ich werde mein Haus genau prüfen lassen, ob wir hier ein gesetzliches Defizit haben!“
Katrin Göring-Eckardt (56, Grüne). Die Bundestagsvizepräsidentin klagt: „Die Diskussion zieht wahnsinnig viel Energie weg vom Eigentlichen!“
Joachim Herrmann (66, CSU). Bayerns Innenminister kündigte bei BILD an: „Wir werden alles tun, um solchen Unfug in Grenzen zu halten, und konsequent gegen alle Rechtsbrecher vorgehen!“
Carla Hinrichs (25). Die Aktivistin („Letzte Generation“) twittert: „Deutschland gehört zu den Ländern, die weiterhin die Schnellstraße in die Klimahölle betonieren!“
Petra Pinzler (37). Die Journalistin („Zeit“) sieht seit Kairo „selbst bei denen, die nicht mehr an den Fortschritt der Menschheit glauben, ein wenig Hoffnung.“
Polit-Praxis gegen Weltretter-Propaganda!
Kompetentester Kommentar
„In einem demokratischen Rechtstaat geht man nicht los und setzt die eigenen Anliegen gegen Recht und Gesetz durch“, stellt der Justizminister gleich fest. „In der Demokratie versucht man auch nicht, Regierungen oder Parlamente zu erpressen, indem man sagt: Wir werden jetzt fortgesetzt Straftaten begehen, wenn ihr nicht tut, was wir euch sagen!“
Buschmanns unmissverständliche Warnung: „Fremdes Eigentum zu beschädigen, Menschen zu nötigen, Notfallpersonal zu blockieren, Notrufe zu missbrauchen, das geht nicht, das ist strafbar und das können wir nicht akzeptieren!“
Verräterischste Reaktion
Herrmann haut in die gleiche Kerbe: Es gehe nicht, „zu sagen, das hat die Mehrheit nicht eingesehen, wir sind aber klüger als die Menschen, klüger als das Parlament!“
Die Aktivistin lächelt in sich hinein: Klüger? Meint der mich? Doch den Bayern ist es ernst: „Wenn das jeder so machen würde!“, murrt er. „Wer von etwas überzeugt ist, sagt, die anderen haben keine Ahnung, und ich setze das jetzt mit Gewalt durch. Dann würde unsere Demokratie in Frage gestellt werden!“
Grünstes Totschlagsargument
„Die gleichen Aktivisten sind anderswo zum Schutz der Lebensmittel unterwegs, und hier werfen sie mit Kartoffelbrei auf Bilder!“, empört sich der Minister danach. Die Klimakleberin feixt und lacht. Ha, Lebensmittel! Brüller!
Die Vizepräsidentin liefert wieder mal ein glasklares Sowohl-als-auch: „Wenn man eine Straftat begeht, wird man bestraft“, räumt sie ein, aber dann saust schon die Moralkeule nieder: „Nicht ausreichende Klimaschutzmaßnahmen sind verfassungsfeindlich! Der Planet wird weiterleben, aber wir auf ihm möglicherweise nicht!“ Echt jetzt?
Feurigste Verteidigungsrede
Jurastudentin Hinrichs wurde auch schon mal festgenommen und erwartet mehrere Strafverfahren. „Respektieren Sie unsere Demokratie?“ will die Talkmasterin wissen.
„Ja selbstverständlich!“, behauptet die Klimakleberin, aber, so ihre Logik: „Die Privilegien, die aus dieser Demokratie kommen, muss ich nutzen. Zwei bis drei Jahre haben wir noch Zeit!“
In der Aufregung verwechselt sie die Dezimalzahlen: „Jetzt schon leben 3,5 Millionen Menschen (gemeint sind 3,5 Milliarden) in Zonen, wo sie nicht mehr leben können, weil es zu heiß ist!“, wettert sie. „Wir rasen in eine Katastrophe, und da ist es unsere Pflicht, alle friedlichen Mittel auszuschöpfen!“
Gretchenfrage des Abends
„Würden Sie aufhören, wenn jemand verletzt würde?“, erkundigt sich die Talkmasterin. Die nach einer Blockade verstorbene Radfahrerin aus Berlin lässt sie dabei jedoch unerwähnt.
„Wir wählen unseren Protest nicht leichtfertig“, antwortet die Aktivistin, „aber ist da nicht erst einmal ein Appell zu richten an unseren Verkehrsminister, den Straßenverkehr sicherer zu machen?“
Eindeutigste Rechtsauskunft
Buschmann schüttelt energisch den Kopf. „Das ist falsch, was Sie da sagen!“, funkt er dazwischen. „Sie begehen Straftaten! Sie müssen sich an Recht und Gesetz halten! Sie können keinen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr machen, weil sie ein nobles Motiv haben. Der Zweck heiligt eben nicht alle Mittel!“
Sein Vorwurf an die Jurastudentin: „Das ist Ihnen doch auch klar! Da ist doch eine Ablenkungsstrategie! Würden andere das auch tun, hätten wir lauter Rechtsbrecher auf den Straßen: Querdenker, Reichsbürger…“
Opferfreudigste Ankündigung
„Das ist mir bewusst, ich habe das selber studiert!“, erwidert die Aktivistin und schlägt sich auf das Mikro an ihrer Brust. „Dass ich ins Gefängnis komme, wenn sich der Staat dafür entscheidet, da bin ich auch bereit!“
Ihre schwungvolle Begründung: „Wir haben einfach keine andere Wahl mehr. Das ist ein Akt der Verzweiflung!“
Absurdeste Vorschläge
Die „Zeit“-Journalistin, deutlich frustriert aus Kairo zurück, springt für die Aktivistin in die Bresche: „Im Moment ist es die deutsche Bundesregierung, die Recht bricht!“, poltert sie und ringt dramatisch die Hände. „Sie könnten ein Tempolimit machen“, schlägt sie Buschmann vor. „Oder einen autofreien Sonntag!“
Göring-Eckardt zieht sich lieber auf ihr Mantra zurück: „Die Frage ist, wie kriegen wir genügend erneuerbare Energien an den Start?“, fragt sie und wedelt aufgeregt mit den Händen. „Warum wird nicht auf den Feldern demonstriert, wo noch kein Windrad steht? Warum nicht auf den Dächern, wo noch keine Solaranlage ist?“ Heidewitzka!
Dramatischste Zukunftsschau
Die Aktivistin ringt um Fassung. „Wir rasen in eine Welt, in der 2050 zwei Drittel unserer Ernten ausfallen werden“, klagt sie mit bebender Stimme. „Die Menschen werden fliehen. Dann werden sie in den Norden kommen…“
Das ist selbst Will ein Tacken zu viel. „Extremstes Szenario“, mildert sie die düstere Vision. „Das muss nicht so kommen.“
Doch Hinrichs lässt sich nicht beruhigen: „Wir rasen in den Klima-Kollaps! Da ist es mit ‚Wir packen das jetzt an‘ nicht getan!“
Überraschendste PR-Aktion
„Ich habe Ihnen was mitgebracht“, sagt sie dann zu dem Bayern und hält ein Papier mit Porträts in die Kamera. „Das sind die 13 Menschen, die Sie gerade eingesperrt haben“, erklärt sie und zählt auf: „Ein Handwerker, eine Junge, der gerade sein Abitur gemacht hat, eine Mutter von zwei Kindern…“
Ihr Vorwurf: „Die sitzen bei Ihnen eingesperrt, weil Ihre Regierung“ – dabei zeigt sie reihum auf alle drei Politiker – „nicht dafür sorgt, dass das Leben auf diesem Planeten sicher ist. Was sagen Sie diesen Menschen?“
Misslungenster Propagandatrick
Doch die kleine Show geht schief, denn der Bayer ist gewappnet: Die Betroffenen seien von einem Richter in Gewahrsam genommen worden, weil sie immer wieder neue Straftaten angekündigt hätten, erläutert er.
Sein Konter: „Von diesen 13 sind nur zwei aus Bayern und elf aus anderen Bundesländern“, informiert er die Aktivistin. „Es waren auch Dutzende aus dem Ausland da. Es werden nämlich zu diesen Aktionen von Ihren Initiativen aus ganz Europa die Leute zusammengekarrt.“ Uff!
Aktuellste Mitteilung
„Am Freitag sind alle noch einmal überprüft worden“, berichtet der Bayer dazu. „Jeder hat einen Rechtsanwalt, aber keiner hat Rechtsmittel eingelegt. Alle haben zu Protokoll gegeben: Sobald sie freigelassen würden, würden sie sofort wieder eine solche Straftat begehen. Die wollen sich zum Märtyrer stilisieren.“
Die „Zeit“-Journalistin stößt sich besonders am Gewahrsam zur Gefahrenabwehr. „Ich habe mal Science fiction gelesen“, erzählt sie eifrig, „da wurden Leute wegen Gedankenverbrechen ins Gefängnis geworden.“ Ächz!
Offensivstes Angstbekenntnis
„Sie kündigen an, Straftaten zu begehen“, hält Herrmann der Aktivistin noch einmal vor.
„Sie kündigen an, Mittel des friedlichen Widerstands zu wählen“, verteidigt Hinrichs ihre Leute. „Wir befinden uns in einer Notlage, in der wir um die Zukunft unserer Kinder kämpfen müssen! In der ich nicht mal Kinder in die Welt setzen würde, weil ich solche Angst habe, sie nicht ernähren zu können!“
Zuversichtlichste Prognose
Und dann lässt Hinrichs die Klima-Katze aus dem Sack: Rechtsmittel legen die Aktivisten nicht ein, erläutert sie, „weil das Einsperren jeden Tag die Absurdität des Staates in seinem Handeln veröffentlicht. Damit sind sie jeden Tag ein Mahnmal im Gefängnis, und jeden Tag werden sich mehr Leute anschließen.“ Prompt wildes Durcheinanderreden.
Der Justizminister stellt den entgleisten Talk wieder auf die Schiene: „Straßenblockaden sind Nötigung“, doziert er. „In der Rechtsprechung wird sich keine Position durchsetzen, die es Ihnen erlaubt, Strafgesetze zu verletzen!“
Ungewöhnlichste Katastrophenwarnung
Göring-Eckardt will auch noch mal punkten: „Was bedeutet das, mehr als 1,5 Grad Erderwärmung?“, fragt sie in die Runde und gibt gleich selbst die Antwort: „Es gibt so ein paar ganz einfache Dinge, die nichts mit Gesundheitsschäden und so zu tun haben…“
Sondern? Die Bundestagsvizepräsidentin hebt genießerisch die Fingerspitzen und vollendet: „Schokolade und Kaffee!“
Absurdeste Warnung
Als die anderen konsterniert schweigen, überbrückt Göring-Eckardt die peinliche Pause routiniert mit Moral: „Klingt vielleicht jetzt ein bisschen lustig. Aber es zeigt an einer Stelle, was es bedeutet. Die wird es 2050 möglicherweise nicht mehr geben, weil es keine Orte mehr geben wird, wo man Kakao und Kaffeebohnen anbauen kann.“
Immer noch keine Reaktion. Die Aktivistin lächelt unsicher: Will die mich veräppeln? Die Bundestagsvizepräsidentin merkt das und fügt wie entschuldigend hinzu: „Klingt total banal, zeigt aber vielleicht ein bisschen, in welcher Welt wir leben werden.“ Mannomann! 3,5 Milliarden Klimaflüchtlinge, und Göring-Eckardt macht sich Sorgen um ihren Kaffee…
Zitat des Abends
„Ich bin vielleicht selber mal in der Politik“. Carla Hinrichs
Fazit
Erst ständige Widerreden, dann pausenloses Dreinreden und zum Schluss minutenlanges Durcheinanderreden. Die Aktivistin den Tränen nahe, die Journalistin total auf dem Aggro-Trip, die Politiker immer wieder um Ordnung bemüht, doch die total einseitige Talkmasterin vergaß ihre Pflichten und knüppelte volle Lotte mit. Das war ein Talkzoff der Kategorie „Wildhauerkunst“.