„maischberger. die woche“. ARD, Mittwoch, 8.August 2020, 22.55 Uhr.
Der SPD-Gesundheitsexperte Prof. Karl Lauterbach hat in der ARD-Talkshow „maischberger. die woche“ am Mittwoch das Konzept der Deutschen Fußball-Liga für Spiele mit Zuschauern scharf kritisiert.
Wörtlich sagte der Politiker, der selbst Virologe ist,. sichtlich aufgebracht: „Das ist ein unmögliches Konzept!“ schimpft er. „Ich finde den Zeitpunkt nicht angemessen! Ich finde das völlig frivol und unangemessen!“
Die Zahl der Infektionen steigt wieder, und auch die Zweifler werden mehr: Corona bleibt das Überthema, und „Maischberger.die woche“ gab nach der Sommerpause gleich wieder tüchtig Gas. Die Runde:
- Lauterbach bleibt die Nr.1 unter den Dauergästen des Talk-Jahres.
- Boris Palmer (Grüne). Der Tübinger legt sich gern mit seiner Partei an, und die Courage macht ihn für Fans im ganzen Land zum Überbürgermeister.
- Christian Hacke (77). Der Politologe ist US-Experte und ein Freund klarer Ansagen, z.B. über die Rolle der Bundesrepublik in der NATO: „Wir sind eine Zivilmacht ohne Zivilcourage!“
- Düzen Tekkal (41). Die Publizistin mit jesidisch-kurdischen Wurzeln ist CDU-nah und regierungskritisch, z.B. „Wir bekämpfen keine Fluchtursachen, wir schaffen sie!“
- Rainer Hank (67). Der Wirtschaftsliberale schreibt Klartext für die FAZ.
- Günter Wallraff (77). Der RTL-Reporter zählt sich zur Corona-Risikogruppe und will das Händeschütteln ganz abschaffen.
Eine extrem meinungsstarke Combo, mit dem Zoff-o-Meter im Flitzebogen-Modus!
Zum Start laute Lobeshymnen. Das hat es so in deutschen Talkshows noch nie gegeben: Söder fanden alle gut! „Er ist der Gewinner der Krise, mit Law and Order“, staunte Hanke. „Das ist wirklich was Neues!“
Ähnlich überzeugt pries Tekkal den Ministerpräsidenten als „krisenfest, integrativ, nicht vom Schreibtisch regierend“. Und Wallraff bescheinigte Söder unumwunden „richtige Einschätzungen, richtige Anweisungen“, denn „er schafft Vertrauen“. Anmerkung des von sich selbst überraschten Linken: „Tut mir Leid, dass ich das gegen meine Überzeugung sagen muss!“
Interessanteste Idee
Über die Corona-Zweifler wetterte der auch als Buchautor erfolgreiche Investigativreporter: „Die von ‚Lügenpresse‘ sprechen, lesen ja nicht mal Zeitung! Denen müsste man allein ein kostenloses Zeitungsabonnement geben.“
Ungewöhnlichste Analysen
Über die Performance der Bundeskanzlerin in der Corona-Krise sagte FAZ-Hanke skeptisch: „Frau Merkel als Gouvernante der Nation, davor habe ich Angst!“
Und zu den Krawallen in Frankfurt und Stuttgart meinte Publizistin Tekkal nachdenklich: „Wir haben bis heute nicht definiert, was Deutschsein wirklich bedeutet.“
Deutlichste Warnung
Gesundheitsexperte Lauterbach und der politische Solo-Selbständige Palmer haben sich schon seit Wochen in der Wolle. Jetzt lieferten sie sich den nächsten Schlagabtausch.
Zuerst prügelte Lauterbach allerdings auf Kollegen ein: „Wir haben uns zu spät zur Maske bekannt!“ schimpfte er. „Das Robert-Koch-Institut hat da nicht die klügste Strategie gehabt!“
Dann schmiss der SPD-Experte die Sirene an: „Wir sind am Anfang der zweiten Welle!“ warnte er. „Jetzt kommt es darauf an, wie wir damit umgehen! So wie jetzt im Sommer können wir nicht weitermachen!“
Dramatischste Aufforderung
Lauterbachs Appell: „Wir brauchen realistische Bilder! Bilder, wo ich sehe, dass Menschen um ihr Leben kämpfen. Wir könnten hier in wenigen Wochen wieder dort sein, wo wir im März waren!“
„Das ist mir zu apodiktisch“, widersprach Palmer, „und, der Kalauer darf sein: zu apokalyptisch!“
Prompt ging der Zoff los
Lauterbach reagierte sauer: „Lassen Sie doch einfach diese Begriffe!“ murrte er sichtlich angefasst. „Machen Sie Ihr Argument, und lassen Sie diese Begriffe!“
„Das ist für mich Angstmache!“ konterte Palmer kühl. „Als ich Ihnen bei Ihren Auftritten zugehört habe, war ich demoralisiert, weil bei mir hängengeblieben ist: Die nächste 18 Monate oder zwei Jahre muss nach Methode Lauterbach gelebt werden. Und das heißt ziemlich viel Shutdown.“ Rumms!
Hitzigste Diskussion
Und der Grüne setzte noch einen drauf: „Sie haben sich geirrt, als Sie im Mai gesagt haben, wir müssen den Shutdown noch vier Wochen weiterziehen“, hielt er dem Sozialdemokraten vor. „Das hätte uns 200 Milliarden gekostet, und die zweite Welle im Mai oder Juni hat es gar nicht gegeben!“
Palmers Vorwurf: „Man kam auch zu weit gehen mit den Warnungen!“ Jetzt allerdings seien sie angebracht, gibt er zu. Na denn…
Seltsamste Antwort
„Es gibt keine Methode Lauterbach“, wehrte sich der Gesundheitspolitiker erbost. Und es habe viele Wirtschaftswissenschaftler gegeben, die ihn unterstützt hätten.
Aber, so Lauterbach: „Das soll mir egal sein. Der kleine Streit interessiert mich nicht.“ Wozu dann das Ganze? Nur zur Unterhaltung des Publikums?
Härteste Kritik
„Wir müssen Reisende aus Risikogebieten testen!“ verlangte der Gesundheitsexperte als nächstes. In NRW sei schon einer von dreißig solchen Rückkehrern positiv.
Ungewöhnlicher Vorschlag
Beim Thema „Werkverträge“ stand dann wieder Wallraff auf der Pole position. Selbst will er aber nicht bei dem umstrittenen Fleischproduzenten Tönnies recherchieren. Stattdessen forderte er: „Hier muss der Verfassungsschutz verdeckte Ermittler schicken!“
FAZ-Hanke war dagegen: Immerhin seien auch bei Tönnies die Bedingungen deutlich besser als in Rumänien oder Bulgarien, meinte der Journalist. Mindestlöhne und Hygienevorschriften bei uns seien prima, nur müsste die Einhaltung besser kontrolliert werden.
Erschreckendste Prognose
Zum Schluss haute auch Amerika-Kenner Hacke noch mal auf die Pauke: „Wenn Trump knapp verliert, müsse wir auf das Schlimmste gefasst sein“, orakelte er.
Denn, so der Professor dunkel: „Er wird Mittel finden, an der Macht zu bleiben. Diese Sorge ist nicht übertrieben!“
Gruseligster Begriff
Zwar liege der Präsident aktuell nur noch bei 35 Prozent Zustimmung, erklärte der Politologe weiter, aber noch stünden die TV-Debatten mit seinem Gegenkandidaten Joe Biden bevor. Und wie es da zugehen werde, könne man sich ausmalen.
Deshalb sei es entscheidend wichtig, wen der Demokrat jetzt für die Vizepräsidentschaft nominiere. Hacke: „Stellt Biden eine Farbige auf, wird es ihn Stimmen kosten. Der lächelnde Rassismus gehört zum ‚American Way of Life!“
Fazit
Viel intellektuelles Dominanzgehabe in einem enggeführten Meinungskorridor. Statt zielführender Diskussion sauste pausenlos die Profilschärfungsmaschine, und die Talkmasterin geriet zu oft in den Beschwichtigungsmodus. Das war eine Talkshow der Kategorie „Stressgruppe“.