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Corona-Talk bei Maischberger: Heils harte Attacke gegen Unionsfraktionsvize Linnemann

„maischberger. die woche“. ARD, Mittwoch, 25.März 2020, 23 Uhr.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat in der ARD-Talkshow „maischberger. Die woche“ den Unionsfraktionsvizechef Carsten Linnemann scharf angegriffen.

Wörtlich sagte der SPD-Politiker zu Linnemanns Forderung nach einem „schrittweisen Hochfahren“ der von den Corona-Einschränkungen schwer getroffenen Wirtschaft bereits nach Ostern: „Was hat jetzt Priorität? Das ist der Gesundheitsschutz von Menschen! Das ist Leib und Leben von Menschen, von unseren Angehörigen!

Und weiter: „Das hat Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen! Deshalb finde ich solche Äußerungen nicht o.k.!

Shutdown mit deutscher Gründlichkeit: Heimpflicht, Kontaktflucht, Vermummungsgebot. Wie lange lässt sich das durchhalten? Und was kommt dann? „maischberger.die woche“ sucht Antworten an allerersten Infoquellen. Die Gäste:

  • Heil hält wie auch Finanzminister Olaf Scholz die Genossen in gehobener Regierungsstimmung: GroKo-Ausstieg kein Thema mehr!
  • Ex-Bischöfin Margot Käßmann rief die Gläubigen zum Balkonsingen auf, da ist Musik drin!
  • Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit prophezeite in „Hart aber Fair“ vor zehn Tagen „mehrere Monate Quarantäne“.
  • Gabriel Felbermayr, Präsident des Weltwirtschaftsinstituts, warnt: „Ob Deutschland die Krise als Wirtschaftsnation gut übersteht, ist mehr als fraglich!
  • Der Journalist Georg Mascolo (ARD, SZ) sieht das Land im „größtmöglichen Stresstest“.
  • Karoline Preisler (FDP) schilderte ihr Gefühl als Corona-Patientin drastisch: „Wie beim Ertrinken!“

Seit zwei Wochen touren ausschließlich Politiker von Union und SPD durch die wichtigsten Talkshows. Für die Opposition durfte als letzte die Linke Katja Kipping mitreden, am 11.März bei Maischberger. Seither auch kaum noch Zoff. Aber keine Bange: AfD, Grüne und Linke sind bald wieder da!

Beste Nachricht

Wir stehen erst am Anfang dieser Krise“, warnte Schmidt-Chanasit. „Es gibt noch keinen Trend!“

Aber, so der Virologe optimistisch: „Letzte Woche waren es 300.000 Tests, und dabei sind noch nicht mal alle erfasst. Das hat uns einen großen Vorteil erbracht!“

Schlimmste Zahlen

Wenn wir die Wirtschaft eine Woche lang auf 50 Prozent herunterregulieren, kostet das 35 Milliarden Euro Einkommen“, rechnete Felbermayr vor. „Das wird ein Einbruch, wie es ihn in der Nachkriegsgeschichte nie gegeben hat!“

Fatale Folge, so der Experte: „Das macht uns alle ärmer. Da helfen auch die Maßnahmen der Regierung nicht.“ Im Durchschnitt würden dann jedem Bürger im Monat 1600 Euro fehlen.

Härteste Forderung

Unternehmen, die ohnehin pleite gegangen wären, sollen jetzt bitte auch pleite gehen!“ forderte Felbermayr umstandslos. Es habe keinen Zweck, die Marktwirtschaft außer Kraft zu setzen.

Und: „Was uns fehlt, ist ein Plan für den Ausstieg aus der Krise“, kritisierte der Weltwirtschaftspräsident. Die Frage sei: „Unter welchen Bedingungen können wir die Maßnahmen wieder zurückfahren?“

Denn: „Ein bisschen Licht am Ende des Tunnels ist wichtig – für die Menschen, aber auch für die Wirtschaft!“

Kernfrage der Krise

Der Virologe machte klar, welche Abwägung jetzt nötig sei: „Wieviel Infektion können wir zulassen, bis der Impfstoff da ist?“

Es gehe um Zeitgewinn zum Aufbau von Intensivbetten, aber auch um Zeit für die Immunisierung der vielen Menschen, für die sonst noch lange eine große Ansteckungsgefahr bestehen bleibe.

Eindringlichste Warnungen

Die Talkmasterin blendete dann kritische Stimmen aus der Wirtschaft ein.

„Springer“-Chef Mathias Döpfner fürchtete: „Längerfristig ist ein Stillstand gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch nicht zu verkraften!“

Banker Alexander Dibelius erklärte, er habe „mehr Angst vor dem kollektiven Shutdown als vor den Virus“.

Unionsfraktionsvize Linnemann warnte, ohne ein Hochfahren gleich nach Ostern werde der Schaden für Volkswirtschaft und Staat „über Jahrzehnte nicht kompensierbar sein.“

Schärfste Attacke

„Es ist nicht die Zeit für kleine nickelige Auseinandersetzungen“, meinte Heil dazu. „Ich will gar nicht in den Clinch gehen.“

Dann aber tat er es aber doch: „Ich schätze den Kollegen sehr“, schickte er voraus. „Aber wir dürfen jetzt nicht aus einer fachpolitischen Brille – ich bin Arbeits- und Sozialminister, und Herr Linnemann ist Wirtschaftspolitiker – die ganze Welt ausleuchten!“

Uff! Das klang doch sehr mach Solidarität gegen Turbokapitalismus.

Härtester Vorwurf

Allerdings, so räumte Heil ein: „Wenn die epidemiologische Lage es zulässt, dass es nach Ostern aufgehoben wird, wäre ich der letzte, der sagt, das machen wir nicht sofort.“

Doch, so der Minister weiter: „Das jetzt das anzukündigen und nicht zu wissen, ob die Maßnahmen, die wir eingeleitet haben, wirken, finde ich zumindest, ganz freundlich gesagt, fahrlässig!“

Pathetischster Satz

„Ich erlebe das bei meinen Kindern“, berichtete der Minister zur Unterstützung seiner Ansicht. „Meine Tochter ist fünf, mein Sohn ist sieben. Und die verstehen jetzt auch die Welt nicht so richtig, wenn sie nicht mit ihren Freunden spielen, nicht auf den Spielplatz können.“

Trotzdem, so Heil: „Ich glaube, dass das eine Frage von Anstand und Ehrlichkeit ist, um mal diese pathetischen Begriffe zu nehmen, dass man nicht irgendwelche falsche Gewissheiten hat!“

Hm, Anstand und Ehrlichkeit – will er das seinen Kritikern etwa absprechen?

Interessanteste Komplimente

Über die Kanzlerin sagte Heil: „Ich bin Sozialdemokrat, aber wenn ich die Wahl hätte zwischen Angela Merkel und  Donald Trump, dann würde meine Wahl ziemlich klar sein.“

„Das ist jetzt aber nicht überraschend“, spottete die Talkmasterin.

Über den „Springer“-Chef sagt der Minister dann noch: „Bei allem Respekt vor Herrn Döpfner, das ist ein kluger Mann, ich habe viel mit ihm zu tun, aber weder er noch ich sind Mediziner…“

Exakteste Ortsbestimmung

In dieser Situation kann man nicht sagen, ob die Maßnahmen übertrieben, überzogen oder unzureichend sind“, gab Mascolo zu bedenken. „Wir befinden uns in einem unkartierten Gebiet!

Und: „Ein großer Bestand an Schutzkleidung hätte angeschafft werden müssen, so wie man ja auch einem Feuerwehrmann nicht erst dann seinen Schlauch kauft, wenn es brennt!“

Emotionalste Erzählung

Danach spielte die Talkmasterin ein aufgezeichnetes Skype-Interview mit der FDP-Politikerin ein, die fünf Tage auf einer Isolierstation lag: „Ich hatte starke Schmerzen, wurde von Atemnot gequält“ schilderte sie nun.

Ihre schlimmste Erinnerung: „Man atmet ein, aber die Luft kommt nicht in der Lunge an. Es ist, wie wenn man unter Wasser Luft holt!

In ihrer Wohnung habe sie sich von ihren drei Kindern, neun bis elf Jahre alt, fernhalten müssen: Mundschutz, Handschuhe, das volle Programm. Als die Quarantäne kurz vor der Sendung endlich aufgehoben wurde, „haben wir uns minutenlang umarmt und geküsst!“

Gläubigstes Wort

„Versucht, mit Gottvertrauen an die Sache ranzugehen!“ riet die Ex-Bischöfin. „Versucht, wirklich auch zu beten!“

Und: „Ostern bekommt jetzt noch mal eine neue Bedeutung“, fügte sie hinzu. „Das ist das Fest der Auferstehung, dass das Leben stärker ist als der Tod!“

Statt Neuigkeiten viel ministerliches Pathos, die Meinungsfreiheit hatte es schwer gegen die Übermacht vermeintlicher Hochmoral: Das war ein Talk der Kategorie „Regierungsfernsehen“.

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