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Corona-Talk bei Illner: SPD-Experte Lauterbach will mehr Geld für das Pflegepersonal

„Maybrit Illner: Kampf gegen Corona – genug Geld, genug Kraft, genug Zeit?“ ZDF, Donnerstag, 26.März 2020, 22.30 Uhr.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der selbst Epidemiologe ist, hat in der ZDF-Talkshow „Maybrit Illner“ am Donnerstag deutlich mehr Geld für das jetzt besonders belastete und gefährdete Pflegepersonal gefordert.

Wörtlich erklärte der Politiker: „Wir müssen jetzt sagen: Die Pflegekräfte kriegen pauschal einen deutlichen Zuschlag. Das ist erstens eine Anerkennung diejenigen, die die Arbeit jetzt machen. Und damit setze ich auch einen Anreiz, dass Leute in die Pflege zurückgehen.“

Über die Höhe sagt der SPD-Politiker allerdings noch etwas vage: „Mehrere hundert Euro pro Pflegekraft. Das ist die Größenordnung, über die wir hier reden.“

Der große Viren-Tsunami ist noch gar nicht angekommen, da wollen sich einige schon wieder an den Strand legen. Darüber sorgte sich Maybrit Illner mit kompetenten Gästen:

  • Lauterbach möchte die gesetzlichen Hürden senken, damit Impfstoffe schneller eingesetzt werden können.
  • Der FDP-Bundestagsabgeordnete und Internist Andrew Ullmann warnt, die Intensiv-Kapazitäten könnten schnell aufgebraucht sein.
  • Die Krankenschwester Yvonne Falckner schrieb an einer Petition an den Gesundheitsminister mit.
  • Der Hygieneartikler Achim Theiler warnte schon Anfang Februar vor Engpässen.
  • Die Virologin Prof. Sandra Ciesek hofft, dass noch im März Corona-Schnelltests auf dem Markt sind. Sie wurde aus Frankfurt zugeschaltet.
  • Der FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff erkrankte vor drei Tagen selbst und erschien deshalb ebenfalls elektronisch.

Bereits die zehnte Corona-Talkshow hintereinander! So ein Themen-Monopol gab es noch nie.

Bedenklichste Analysen

„Wir gewinnen jetzt nur Zeit“, sagte Lauterbach zur Forderung nach einer Exit-Strategie. „Das Ganze hat nur dann einen Zweck, wenn wir die Maßnahmen konsequent durchhalten!“

„Wir müssen stark sein!“ erklärte auch FDP-Ullmann. „Wenn wir zu früh alles aufgeben, haben wir einen Rückschlageffekt!“

„Wir laufen am Limit!“ warnte Krankenschwester Falckner. „Wir haben eine massive Materialnot! Es ist wichtig, dass wir jetzt maximal unterstützt werden!“

Optimistischste Prognose

Es wird noch vierzehn Tage dauern, bis die Zahl der Neuinfektionen abnimmt“, glaubte Virologin Ciesek.

Interessantester Erfahrungsbericht

„Es begann mit Grippesymptomen: Fieber, Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit“, meldete sich Lambsdorff aus der Quarantäne.

Doch jetzt hatte er Grund zu Freude: „Ich habe vor anderthalb Stunden erfahren, dass ich negativ getestet bin!“

Dann ging plötzlich der Zoff los

Illner brachte noch einen dritten FDP-Politiker ins Geschäft: In einem Einspieler aus dem Bundestag fordert Parteichef Christian Lindner, die Einschränkungen „Schritt für Schritt, aber möglichst schnell zu überwinden“.

Dazu blendete die Talkmasterin wie schon ihre Kollegin Maischberger am Tag zuvor das Statement des Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann ein, der dringend ein „schrittweises Hochfahren“ bereits nach Ostern fordert.

Ich finde die Debatte darüber, was Herr Linnemann vorgeschlagen hat, völlig fehl am Platz!“ schimpfte Lauterbach daraufhin über den GroKo-Kollegen. „Wir unterschätzen nach wie vor die Konsequenzen auch für jüngere Leute!“

Dringendste Warnung

„Wenn ich einen älteren Menschen über längere Zeit beatmet habe, dann kommt er nicht mehr so heraus, wie er hineingegangen ist“, erläuterte der Mediziner. „Viele sind danach dauerhaft beschädigt: Gehirn, Herz, sie verlieren sehr viel Muskelmasse…“

Virologin Ciesek fand es „unethisch“, jetzt alle Schutzmaßnahmen einzustellen, um die erwünschte „Herdenimmunität“ zu erreichen, für die 70 Prozent der Bevölkerung infiziert sein müssten.

Einfachste Wahrheit

Wenn ich keine Schutzmaterialien habe, kann ich nicht zur Arbeit gehen!“ sagte die Krankenschwester zum gefährlichen Mangel etwa an Masken.

Die Virologin fürchtete, bis zu einem Impfstoff werde noch ein ganzes Jahr vergehen. Mit den antiviralen Medikamenten für bereits Erkrankte dagegen könne es womöglich etwas schneller klappen.

Immer wieder wandte die Runde mit viel „hätte“ und „müsste“ altbekannte Argumenten hin und her, in Dauerschleife und garniert mit Phrasen wie „große Herausforderung“ und „Zusammenhalt der Gesellschaft.“ Puh!

Knalligster Ausdruck

Illner zitierte aus der Petition, die Falckner und Co. an den Gesundheitsminister schickten: „Sie enthält das drastische Wort ‚Kanonenfutter‘!“

Diese Kriegssprache mögen wir eigentlich nicht“, schwächte die Krankenschwester gleich wieder ab. „Wir wollen ja nur die Daseinsvorsorge vorantreiben…“

Größte Angst

Wir sind bei Schutzkleidung und Masken auf China und Indien angewiesen“, kritisierte Lauterbach. „Nach der Krise kann das auf keinen Fall so bleiben!“

Seine Befürchtung: „Wenn die Amerikaner jetzt wirklich Probleme bekommen, werden sie versuchen, mit der Macht ihres Geldes und ihrer Aktien den Weltmarkt leerzukaufen!

Schärfster Vorwurf

Hygiene-Spezialist Theiler beschwerte sich über den Gesundheitsminister: Er habe ihn schon im Februar in einem Brandbrief auf Probleme bei der Beschaffung von Schutzkleidung hingewiesen, aber nie eine Antwort erhalten.

Der Preis für einen Mundschutz hat sich inzwischen verzwanzigfacht“, wetterte der Unternehmer. Zwar komme jetzt allmählich Material herein, „aber es wird ganz, ganz knapp!“

Irrste Info

Illner zeigte eine Risikoanalyse der Bundesregierung von 2013, in der eine Infektion wie die jetzige auf 80 Seiten durchgespielt worden war. Verrückt: Das Virus, um das es damals in dem Planspiel ging, hieß auch schon Corona!

Der Plan war da, aber niemand fühlte sich zuständig für die Umsetzung!“ ärgerte sich Lauterbach nun. Sonst hätte damals das Material eingelagert werden können, das heute überall fehlt. Uff!

Wichtigste Forderung

„Ein gutes pflegerisches Fundament ist eine unheimlich gute Ressource für die Gesellschaft“, stellte die Krankenschwester fest und appellierte an die Politik, „dass wir mehr Lohn brauchen!“

Denn: „So eine Intensivstation ist kein Jahrmarkt. 200.000 Pflegekräfte haben schon vor Corona gesagt: Bei diesem System machen wir nicht mehr mit!“

Düsterste Aussicht

Die Krise wird uns noch eineinhalb Jahr begleiten“, sagte Lauterbach voraus. „Vorher werden wir dieses Thema nicht los!“

Routinierte Abfrage-Runde mit den üblichen Antworten. Viele alte Vorwürfe, wenig neue Ideen und eine Moderatorin im Präsidialstil: Das war ein Talk der Kategorie „Dienst nach Vorschrift“.

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