„Dunja Hayali“. ZDF, Donnerstag, 6.August 2020, 22.15 Uhr.
Der NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und die Linke-Parteichefin Katja Kipping haben sich in der ZDF-Talkshow „Dunja Hayali“ am Donnerstag einen heftigen Schlagabtausch geliefert.
Bei dem Streit ging es um die Lockerungsmaßnahmen der Landesregierung. Dabei machte die Linke, was sie am liebsten tut: konfliktfreudige Parteipolitik. Zielscheiben wurden der NRW-Chef und der FDP-Chef: „Als der Lockerungswettlauf begonnen hat“, schilderte Kipping süffisant, „und Herr Laschet und Herr Lindner waren da ja die ersten, da habe ich gesagt, ich befürchte, das wird uns direkt in die zweite Welle führen!“
„Ich sehe das anders“, wehrte sich der Ministerpräsident. „Man muss ja erst mal erklären: Was heißt denn eigentlich lockern?“
Da schnappte Kipping im Krokodilstil zu: „Bei Ihnen hieß es Öffnung der Autohäuser!“ holzte sie.
„Das hilft jetzt, glaube ich, nicht, so eine parteipolitische Polemik“, kontert Laschet verärgert. Auch Kippings Parteifreund Bodo Ramelow sei „sehr für Öffnung gewesen.“
Rührendste Anekdote
Das konnte Kipping nicht bestreiten, und sie schaltet flugs auf ihr Privatleben um: „Bevor wir die Großeltern besucht haben, habe ich mich und die Kleine getestet“, berichtete sie. „Weil ich wollte, dass die Tochter mal die Großeltern umarmen kann.“ Damit hatte sie sich nicht nur elegant aus der Affäre gezogen, sondern auch noch einen dicken Sympathiepunkt eingefahren.
Urlaubsende, Schulbeginn, Corona-Demos! Schlägt über Deutschland jetzt eine zweite Welle zusammen? Talkmasterin Dunja Hayali hatte sich im Berliner Demo-Biotop zu den Alu-Hüten aufgemacht und dabei mächtig Ärger eingefangen. Den wollte sie jetzt als Rückenwind nutzen. Die Gäste:
CDU-Parteivorsitzbewerber Laschet musste einen Besuch bei Flüchtlingen auf Lesbos aus Sicherheitsgründen abbrechen.
Kipping schimpfte, die Regierung lasse in der Krise ausgerechnet die Schwächsten im Stich.
Meckpomms Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) machte als erste die Schulen wieder auf.
Die Ärztin Ute Teichert will den öffentlichen Gesundheitsdienst stärken.
Der Sozial- und Rechtspsychologe Prof. Roland Imhoff untersucht die Verschwörungsideologie der Corona-Leugner.
Dreimal Politik, zweimal Wissenschaft. Die schlechte Nachricht zuerst!
Hayali legte gleich eine alarmierende Meldung auf den Couchtisch: „Laut Robert-Koch-Institut erreichen wir in Deutschland mit über 1000 Neuinfektionen den höchsten Stand seit Mai!“
Die fatale Konsequenz, so die Talkmasterin: „Viele fragen sich: Kann der sorglose Umgang mit dem Virus dazu führen, dass wir eine Art zweite Welle bekommen?“
Schlimmste Befürchtung
„Wir sind nicht gut vorbereitet!“ warnte Ärztin Teichert für die überlasteten Gesundheitsämter. „Ich glaube, dass wir uns in einer falschen Sicherheit wiegen!“
Denn: „Alle haben geglaubt, die zweite Welle kommt erst im Herbst. Jetzt haben wir erst August, und die Zahlen gehen schon hoch!“
Klarste Ansage
Für Laschet gab es da kein Vertun: „Wenn Maßnahmen beschlossen sind, müssen sie auch durchgesetzt werden“, sagte er über die strenge Maskenpflicht in seinen Schulen.
Auch Linke-Kipping war voll dabei: „Ich habe zuhause eine Achtjährige, und ich habe ihr auch das Maskentragen beigebracht“, berichtete sie. „Klar, Kinder beschweren sich dann, aber man kann ihnen das vermitteln…“
Wichtigste Forderungen
Laschet wollte lieber Sachthemen beackern. „Jedes Kind muss ein Gerät zur Verfügung haben, damit es dem digitalen Unterricht folgen kann“, kündigt der Ministerpräsident an. „Und das ist bei uns in der Anschaffung!“
„Das Problem ist nach wie vor, dass die Gesundheitsämter schlecht ausgestattet sind“, klagt Ärztin Teichert. „Wir brauchen dringend eine Personalstärkung, in allen Bereichen!“
Kipping wiederum schilderte das Problem einer gestressten Mutter, die auf dem Weg zur S-Bahn zu spät merkt, dass ihr etwas sehr Wichtiges fehlt: „Wäre es nicht sinnvoll, wir bauen überall Maskenautomaten, damit man sie schnell nachkaufen kann?“ fragt die Politikerin.
Skurrilstes Beispiel
Danach gab die Linke dem CDU-Mann noch mal einen mit: „Die Polizei hat in Ihrem Bundesland am Wochenende bei einer Demonstration alle Teilnehmer aufgefordert, die Masken abzulegen, wegen Vermummungsverbot“, empört sie sich. „Und das, obwohl ältere Menschen dabei waren.“ Uff!
Farbigster Frontbericht
Hayali schildert ihren Einsatz bei der Berliner Demo „Tag der Freiheit“ mit viel Dramatik: „Regenbogen trafen auf Reichsflaggen. Impfgegner liefen Seite an Seite mit Verschwörungsideologen und Antisemiten.“
Ein ZDF-Einspieler zeigt aggressive „Lügenpresse“-Chöre. „Ich bin absolut links!“ rief einer der Demonstranten. Durch das kaiserzeitliche Schwarz-Weiß-Rot fühle er sich „diffamiert“.
Dialog des Abends
Die Talkmasterin stieß rasch auf wachsende Feindseligkeit. „Sie werden ausgebürgert“, droht ein Demonstrant.
„Ausgebürgert? Wohin denn?“ wundert sich Hayali.
„In Ihr Land“, erklärte der Mann.
„Das ist hier mein Land!“ verteidigte sich die Talkmasterin.
„Überhaupt nicht!“ kam die Antwort. „Ganz bestimmt nicht!“
„Und warum nicht?“
Da aber kam nichts mehr: „Diskussion zu Ende!“ knurrte der Demonstrant und verschwand im Gewühl.
Aufschlussreichste Analyse
Nach einigen Minuten wurden die Aggressionen so bedrohlich, dass Hayali sich sicherheitshalber zurückzog: „Der Hass richtet sich mehr und mehr gegen mich und mein Team!“
Sozialpsychologe Imhoff bescheinigte den Demonstranten eine „relativ hohe Ausprägung von dem, was wir Verschwörungsmentalität nennen.“
Seine Erklärung: „Es ist ein verschiedene politische Milieus vereinendes Weltbild, dass, was immer in der Welt passiert, deshalb passiert, weil einige wenige Mächtige sich dazu entschlossen haben.“
Frage des Abends
Die Talkmasterin hatte bei ihrer Reportage auch Anhänger der Linken gesehen. „Was läuft da schief?“ fragte sie die Parteichefin.
Kipping hob energisch den Zeigefinger: „Wenn Mitglieder meiner Partei auf der Straße waren, dann waren sie bei den Gegendemonstrationen!“ behauptete sie kühn.
Hayali konnte das nicht glauben, sie habe das doch „an T-Shirts und an Aussagen gesehen“. Doch einen Pudding à la Kipping nagelt niemand so schnell an die Wand: „Ich weiß, dass Teile der Gegendemonstration, also auch ‚Omas gegen Rechts‘, massiven Anfeindungen ausgesetzt waren“, plaudert die Linke ungerührt weiter, „genauso wie die Journalisten…“
Ehrlichstes Statement
„Niemand weiß, wann der Impfstoff kommt“, gab Laschet unumwunden zu. „Es wird Ups und Down in verschiedenen Wellen geben.“
Lichtblick der Show
Zum Schluss startete Hayali das angekündigte „1:1-Interview“ mit Manuela Schwesig: „In Ihrem Bundesland haben die Schulen als allererstes begonnen….“
Doch die Ministerpräsidentin wollte sich kein gehudeltes Lob ankleben lassen: „Wir sind das Bundesland mit dem geringsten Infektionsgeschehen“, relativiert sie. In Bayern seien die Zahlen acht Mal so hoch.
„Die schwerste Entscheidung war, die Besuchsrechte in Pflegeheimen und Krankenhäusern einzuschränken“, erklärte sie dann. „Ich habe in meiner Tumorzeit erlebt, was es bedeutet, in solchen dunklen Momenten, dass die Familie da ist.“
Emotionalste Erzählung
Über ihren Umgang mit der Brustkrebserkrankung sagte Schwesig: „Ich bin generell jemand, der immer sehr offen die Karten auf den Tisch legt. Ich war extrem positiv überrascht über die hohe Anteilnahme. Das hat mir wahnsinnig viel Rückhalt gegeben. Dass mir die Bürgerinnen und Bürger Glückssteine geschickt haben. Ein Blumenmeer.“
Und sichtlich bewegt berichtete die Politikerin weiter: „Die Diagnose war ein wahnsinnig schwerer Schock, auch für die Familie. Es gibt keine Garantie, dass es gut geht. Aber es lohnt sich, zu kämpfen!“
Bewegendste Schilderung
„Für meinen Sohn, er ist dreizehn, war wichtig, das ich den Satz ‚Mama hat Krebs‘ ergänzte mit ‚Aber ich werde wieder gesund‘“, erzählte sie.
Noch rührender: „Meine Tochter ist vier, ihr haben wir es einfacher erklärt: Mama hat Aua in der Brust. Wenn die Hausärztin kam, war meine Tochter Feuer und Flamme. Der Teddy wurde parallel behandelt, aus dem Kinderarztkoffer, und er hatte es schwerer als ich!“
Schlusswort der Ministerpräsidentin: „In der Politik kann man sich keine Schwäche leisten. Ich glaube nicht, dass man mir Fehlentscheidungen verziehen hätte, nur weil ich an Krebs erkrankt war. Da habe ich mir überhaupt keine Illusionen gemacht.“
Fazit: Banalitätenparade mit peinlichen Parteilichkeiten, garniert mit naiven Bandwurmfragen einer überforderten Talkmasterin, der die geduldige Ministerpräsidentin zum Schluss gerade noch mal aus der Patsche half. Das war eine Talkshow der Kategorie „Hausmannskost“.