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Corona-Befehl von Olaf Scholz: „Leute, ladet die App!“

„Anne Will: Sorge um steigende Corona-Zahlen – reichen die Maßnahmen aus?“ ARD, Sonntag, 27.September, 21.45 Uhr.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat in der ARD-Talkshow „Anne Will“ am Sonntag die Bundesbürger dazu aufgerufen, die für die Nachverfolgung von Corona-Infektionen wichtige COVID-19-App der Bundesregierung auf ihren Handys zu installieren.

Wörtlich sagte der Politiker, der im nächsten Jahr Bundeskanzler werden will: „Leute, ladet die App!“

Das Virus zieht wieder an, das Volk leider nicht durch: Immer noch Zweifel, Leichtsinn, Mecker, Widerstand! Jetzt schlug auch Anne Will Alarm. Ihre Gäste:

  • Scholz ist überzeugt: „Das Schlimmste haben wir hinter uns!“ Trotzdem sei Vorsicht geboten.
  • Der Bundestags- und Parteivize Wolfgang Kubicki (FDP) fordert als eingefleischter Liberaler, „weiter offen über die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu debattieren.“
  • Die Virologin Prof. Melanie Brinkmann blickt sorgenvoll auf die kalten Tage: „Das Virus steht in den Startlöchern!
  • Die Medizinethikerin Prof. Alena Buyx urteilt: „Ein zweiter Lockdown wäre aus ethischer Perspektive nicht verhältnismäßig!“
  • Der Mediziner Andreas Gassen, Cheffunktionär der deutschen Kassenärzte, mahnte an, dass die Länder für Herbst und Winter ausreichend Schutzmasken lagern. Da darf nun wirklich nichts mehr schiefgehen!

Jurist Kubicki schimpfte vom Start weg los: Er regte sich „über 50 Urteile von Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten“ auf, „die dem Staat bescheinigen, dass seine Maßnahmen rechts- und verfassungswidrig sind!“

Witzigste Kritik

Dabei hatte der Liberale besonders die Corona-Bremsen für private Feiern wie z.B. Hochzeiten auf dem Kieker: „Tanzverbot heißt: Der Bräutigam darf die Braut küssen, aber nicht mit ihr tanzen!“

Neueste Formel

„Wir müssen jetzt genau aufpassen!“ warnte Virologin Brinkmann. Für Herbst und Winter laute die aktualisierte Corona-Verhaltensregel AHA+L – „Abstand, Hygiene, Alltagsmaske plus Lüftung“.

Kassenarztchef Gassen will „nicht alarmistisch jeden Tag auf potentielle Infektionszahlen starren“ und setzt auf Vernunft: „Wenn man sinnhafte Maßnahmen erlässt, werden die Menschen das auch befolgen“, sagte er.

Fröhlichstes Eigenlob

„Es ist die Zeit, in der sich der Föderalismus bewährt“, freute sich Scholz mit Blick auf die nächste Coronakonferenz von Bund und Ländern am Dienstag, denn: „der führt zu abgewogenen Regelungen.“

Bundesweit einheitliche Maßnahmen sieht der Minister hingegen äußerst skeptisch: „Wir sind bisher gut gefahren, weil wir es nie übertrieben haben!“

Sportlichste Empfehlung

Bleibt allerdings das Problem, immer den richtigen Zeitpunkt für die nötigen Maßnahmen zu finden. „Es ist alles zu früh oder zu spät zugleich“, seufzte Scholz.

Seine Warnung: „Wer in dieser Sendung sich hinsetzt und sagt, für alle Zeiten ist folgende Regel richtig, sollte die nächsten anderthalb Jahre nicht mehr hergehen, weil er mindestens an irgendeinem Punkt widerlegt wird!

„Karl Lauterbach!“ rief Kubicki prompt, und die Erwähnung des als strengen Mahner profilierten SPD-Gesundheitspolitikers ließ alle grinsen.

Dann ging der Zoff

Kubicki sah Anlass zu einer Rechtsbelehrung: „Das Grundgesetz gilt auch während der Pandemie!“

 

Für seine Kritik an der Exekutive wählte der FDP-Vize den Finanzminister als Adressaten: „Warum hat der Staat die Alten- und Pflegeheime nicht rechtzeitig mit FFP2-Masken ausgestattet?“ fragte er Scholz.

Populärer Vorschlag des FDP-Politikers: „Wenn diese Masken flächendeckend verteilt werden, können viele Veranstaltungen wieder durchgeführt werden, die jetzt verboten sind!“

Hoffnungsvollste Vorhersage

Für die neuen Schnelltests prophezeite die Virologin: „Sie werden Anfang nächsten Jahres hoffentlich möglich sein.“ Dann gebe es wahrscheinlich auch Tests, die Viren im Speichel oder im Gurgelwasser aufspüren können.

Großes Aber: Auch diese Tests seien nicht für Zuhause, sondern bräuchten medizinisches Fachpersonal. Außerdem seien sie nicht so treffsicher wie die Labortests. Immerhin aber könne man schnell erkennen, „ob ich meine Großeltern besuchen soll oder nicht!“

Bewundernswerteste Haltung

„Für die Politik muss die Frage sein: Ist man mutig genug, manche Sachen nicht zu verbieten!“ sagte Gasssen mit Betonung auf „nicht“.

Als Zeugen für den Mut mancher Betroffener zitierte der Arzt einen alten Herrn: „Ich habe den Zweiten Weltkrieg überlebt, und da soll ich Angst vor einem Test haben? Ich will meine Kinder und Enkelkinder sehen!“

Parteiischste Attacke

Die in Talkshows übliche Spitze gegen Markus Söder durfte nicht fehlen, obwohl der Bayer ja gar nicht dabei war: „Es gibt Politiker im Süden der Republik, die den Eindruck erwecken, je schärfer die Maßnahmen, desto sicherer der Umgang mit Corona!“ lästerte Gassen.

Kanzlerkandidat Scholz war sichtlich amüsiert über die Kritik an seinem möglichen Wahlkampfgegner, und der Arzt lederte jetzt richtig los.

 

„Wenn ich an das Testtheater denke, wo man sagte, wir testen aus medizinischer Sicht schon sehr unkritisch, und kriegt es dann noch nicht mal hin, die Tests nachzuverfolgen“, wetterte er, „dann kann man sicherlich nicht mehr von einer erfolgreichen Impfstrategie sprechen.“ Uff!

Appell des Abends

Medizinethikerin Buyx hatte ein paar harte Wahrheiten dabei, z.B: „Das Lebensrisiko gehen wir alle täglich ein!“

Scholz befahl kurz und knapp: „Leute, ladet die App!  Am Ende geht es nur, wenn alle mitmachen.“ Der elektronische Corona-Detektor sei viel besser als sein Ruf.

Das findet auch Kubicki: „Meine Familie hat die App, ich hab sie auch, aber ich habe sie vor allem deshalb, weil die Daten bei mir verbleiben!“

Direkteste Bitte

Danach hatte Kubicki noch ein Anliegen: „Herr Scholz, darf ich Ihnen einen Tipp mitgeben für Dienstag?“ sagte er. „Sie sollten unbedingt darauf achten, dass zum 30.9. nicht ausläuft, dass der medizinische Dienst der Krankenkassen Mitarbeiter abgestellt hat für die Gesundheitsämter!“

Denn, so der FDP-Vize: „Sonst kommen die Gesundheitsämter und sagen, weil wir so schlecht besetzt sind, dürfen wir nur noch Feiern mit 20 Personen machen, weil, mehr können wir nicht nachverfolgen!“

Der Minister nickte: Ganz seine Meinung.

Härtestes Urteil

Die Schweden haben beim Schutz der alten Menschen versagt“, schimpfte die Virologin über den umstrittenen Sonderweg der Skandinavier. „Das war ethisch katastrophal! Absolut nicht der richtige Weg!“

„Das wäre bei uns undenkbar gewesen!“ assistierte die Medizinethikerin.

Optimistischste Prognose

Einen flächendeckenden Lockdown wird es in Deutschland nicht mehr geben“, hoffte Virologin Brinkmann.

Als warnendes Beispiel nannte sie Israel: Dort sei es erst sehr gut gelaufen, jetzt aber klappe es gar nicht mehr, denn: „Dort gibt es keine Gesundheitsämter, deshalb wird die Nachverfolgung vom Verfassungsschutz gemacht, und da haben die Leute nicht so richtig mitspielen wollen.“

Schönstes Schlusswort

Zum Finale sagte der Minister noch einmal, wenn auch mit anderen Worten, was er von allzu forschen Corona-Sprüchen hält: „Wer in dieser Situation sagt, er könne irgendetwas ausschließen, der sollte sich über seinen Verstand Gedanken machen!“ Hm – das klang schon sehr nach Helmut Schmidts berühmten Satz „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“…

Fazit: Leider auch heute wieder total überflüssiger Zoff, unpassendes Gemotze und peinliche Häme, aber zum Glück interessante Infos, gediegene Argumente und vor allem viel guter Wille, die aktuellen Problemfelder der Deutschen verantwortungsvoll mit dem Talk-Pflug zu beackern: Das war ein Talk der Kategorie „Einigkeit und Recht und Gesundheit“.

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