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CDU-Zoff-Talk bei Illner: Friedrich Merz wirft Angela Merkel eine schlechte Nachfolgeregelung vor

„Maybrit Illner: Ohne Groll, ohne Basis – verliert die Union das Kanzleramt?“ ZDF, Donnerstag, 22.April 2021, 22.15 Uhr.

Der frühere Unionsfraktionsvorsitzende Friedrich Merz hat in der ZDF-Talkshow „Maybrit Illner“ am Donnerstag die Bundeskanzlerin heftig kritisiert.

Wörtlich sagte der Politiker: „Sie sehen bei Angela Merkel: Es wird nicht alleine wegen einer Frau alles besser!

Die CDU im Nachsorgemodus: Die Führung klebt Pflaster, doch im Parteivolk blutet es weiter, und für die Wundheilung bleibt wenig Zeit. Keine guten Aussichten für die letzte Volkspartei! Maybrit Illners Gäste

Merz bleibt trotz allem Optimist: „Am Ende werden wir deutlich vor den Grünen liegen!“

Die CSU-Vizechefin und Digitalministerin Dorothee Bär ist überzeugt: „Markus Söder wäre die bestmögliche Wahl gewesen!“

Ex-Grünechef Cem Özdemir lobte den „lieben Armin“: „Bei dir weiß ich, dass der Wahlkampf fair & nicht auf Kosten des Zusammenhalts ausgetragen wird.“

Die Journalistin Claudia Kade (WELT) stellte fest: „Der Start für Armin Laschet ist vollkommen vergurkt!“

Ihr Kollege Markus Feldenkirchen („Spiegel“) urteilte: „Die Union ist in diesen Tagen führungslos, verbraucht, verunsichert und zerstritten!“

Käme im Herbst Schwarz-Grün, säßen heute drei mögliche Bundesminister am Talk-Tisch. Wie gut vertrugen sie sich?

Zum Start eine Stinkbombe

Wie kann der Kandidat Laschet im Wahlkampf erfolgreich sein, wenn ihn heute in einer Umfrage 77 Prozent der Unionswähler nicht mal für den richtigen halten?“  wunderte sich die Talkmasterin in der Aufwärmphase.

Und n ach einem Einspieler mit den Nachkartereien aus der CSU spottete Illner: „Wenn es nicht so bitter wäre, man  müsste lachen. Friedrich Merz kann sich auch ein Schmunzeln nicht verkneifen…“

Lautestes Pfeifen im Wald

„Ich denke, wir werden im Laufe der nächsten Tage und Wochen schon eine Veränderung der Stimmung sehen“, hoffte Merz. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir auch über den Sommer eine völlig veränderte Stimmungslage in Deutschland haben.“

Denn, so sein Kalkül: „Die Zahl der Impfungen wird rapide steigen. Wir werden im Sommer auch aus dem Lockdown zumindest teilweise herauskommen.“ Biontech, hilf!

Gretchenfrage des Abends

„Wäre Markus Söder der bessere Kandidat gewesen?“ fragte die Talkmasterin dann gleich mal ins Eingemachte.

„Wir hatten zwei Kandidaten, und das war im Grunde genommen eine Art Luxusproblem“, antwortete Merz. „Aus diesem Luxus ist zunehmend ein Problem geworden, weil die Entscheidung so lange gebraucht hat. Wir hatten die Qual der Wahl.

Passendster Spruch

Jetzt setze er auf „Programm und Team“, fügte Merz hinzu. Er fühle sich an den Streit zwischen Helmut Kohl und Franz Josef Strauß erinnert, wo es noch ganz anders zur Sache gegangen sei.

„Ich bin da ziemlich entspannt“, behauptete der CDU-Mann nun. „Nach meinem Geschmack haben wir mit der Entscheidung zu lange gewartet. Aber das Wasser ist unter der Brücke durch, jetzt müssen wir nach vorne blicken.“

Zünftigste Durchhalteparole

Wir haben jetzt sehr viele Austritte aus der CDU, in allen Kreisverbänden in Deutschland“, schilderte Merz weiter.

„An alle diejenigen, die jetzt mit mir zusammen auch ein Stück weit leiden unter der Situation“ appellierte er: „Bleibt in der CDU, es wird auch wieder besser, wir halten zusammen und wir sorgen dafür, das wir wieder ein gutes Team sind!“
Aufschlussreichster Rückblick

Und wenn er im Januar Parteivorsitzender geworden wäre? wollte die Talkmasterin wissen.

„Markus Söder und ich waren verabredet für den Fall meiner Wahl, unmittelbar danach miteinander zu sprechen“, berichtete Merz, „und ich hätte darauf Wert gelegt, dass wir schnell entscheiden. Ob die CSU das akzeptiert hätte, ob alle in der CDU das akzeptiert hätten, ist nun Schnee von gestern.“

Deutlichste Kritik

Über Laschet sagte Merz: „Ein Bundeskanzler muss Stehvermögen und gute Nerven haben, und das hat er gezeigt. Ich habe großen Respekt davor. Ich war mir nicht ganz sicher, ob er das durchhält. Respekt!“

Und über seine Partei: „In der Regierung gibt es Verschleiß. Die CDU muss mal wieder ein bisschen mehr Profil haben, ein bisschen klarer sein, ein bisschen deutlicher sagen, wofür sie eigentlich steht.“

Ungewöhnlichste Zahlen

Merz klagte über Schwund: Die CDU habe 400.000 Mitglieder, einst waren es 800.000.

CSU-Bär dagegen freute sich über Zuwachs: Seit gestern über 1000 neue Mitglieder „aus allen Teilen Deutschlands“.

Ehrlichste Einschätzung

Mit Söder als Kandidat „hätten wir die Kanzlerschaft definitiv geholt“, glaubt die CSU-Politikerin. Ohne ihn sei zwar noch nichts verloren, „aber es wird härter!“

Wichtigste Ankündigung: „Natürlich wird Markus Söder alles dafür tun, dass die CSU in Bayern ein herausragendes Ergebnis einfährt“, versprach die Staatsministerin. „Man kann als Union nicht den Kanzler stellen, wenn es in Bayern nicht mindestens das beste Ergebnis von allen Bundesländern gibt!“

Doch: „Armin Laschet werde ich in meinem Wahlkreis ehrlicherweise nicht plakatieren“, fügte Bär noch hinzu.

Dann geht der Zoff los

Özdemir lederte gegen die Union: „Erst ging es um die K-Frage, die Kanzlerfrage, jetzt geht es offensichtlich um die S-Frage, die Schuldfrage!“

Bär konterte mit einem Hinweis auf die etwas weinerliche Klage des unterlegenen Grüne-Kandidaten Robert Habeck in der „Zeit“: Er habe dort Annalena Baerbocks Sieg mit dem Satz erklärt: „Na, weil sie halt einfach eine Frau ist.

„Wenn Friedrich Merz so etwas gesagt hätte!“ stellte die CSU-Ministerin sich vor und meinte: Dann wäre er „der Ober-Chauvi der Republik!“

Mutigste Prognose

Die zwei Journalisten waren „aus Pandemiegründen“ nur zugeschaltet. „Jeder kann mit 25, 26 Prozent am Ende theoretisch den Bundeskanzler stellen“, sagte Feldenkirchen voraus.

Seine ungewöhnliche Rechnung: „Die Union kann die stärkste Partei sein. Es kann aber auch sein, dass die Grünen vor der Union landen. Selbst die SPD ist nicht so weit abgeschlagen, dass sie nicht am Ende vor den Grünen landen könntze. Und die FDP ist so knapp hinter der SPD, dass dieses Rennen auch noch offen ist.“ Uff!

Klügste Analyse

„Die CDU scheint in die Falle getappt zu sein“, meinte die WELT-Journalistin. „Man hat nach einer Funktionärslogik einen Parteivorsitzenden gewählt, und nach der gleichen Logik entgegen einer Stimmungs- oder Umfragelogik auch einen Kanzlerkandidaten.“

Die SPD habe das, so Kade, anders gelöst: Da habe man gemerkt, dass man mit dem neuen Spitzenduo bei den Wählern nicht richtig ankomme.

Wichtigstes Versprechen

Zu den Bitten aus der CDU in Sachsen-Anhalt, wo am 6. Juni ein neuer Landtag gewählt wird, erklärte Merz: „Ich habe Reiner Haseloff zugesagt, dass ich ihm dabei helfe, diese Wahl zu gewinnen. Wir sind dabei, das ganz konkret vorzubereiten.“

Es gehe darum, die Stimmen für die AfD zu reduzieren, fügte Merz hinzu, „und dafür zu sorgen, dass die CDU in Sachsen-Anhalt die stärkste Fraktion im Landtag bleibt. Das geht, und das trauen wir uns auch zu!“

Überraschendster Trumpf

Bär ärgerte sich über die Kritik an ihrem Chef und verwies auf die vielen Söder-Unterstützer „zum Beispiel auch aus dem Stadtrat von Aachen“, der Heimat Laschets. Ui!

Verheerendster Vorwurf

WELT-Journalistin Kade holte zu einem Schlag auf die Hauptsicherung aus: Besonders schlecht sei Laschets Coronamanagement angekommen, meinte sie, denn: „Wenn es etwas schief lief, waren es immer die anderen!“

Beispiele: „Die Wissenschaftler hätten ihn nicht gut genug informiert. Die Kommunen hätten den Schulunterricht nicht gut genug vorbereitet. Das war ein sehr unsouveräner Auftritt.“ Puh!

Unwillkommenste Erinnerung

Baerbock stehe für Aufbruch, für Frische, erklärte Feldenkirchen, aber: „Vor vier Jahren stand die SPD vor der Union, und Martin Schulz war populärer als Angela Merkel. Zwei Monate später war dieser Hype verpufft.“

Feldenkirchen muss das wissen, denn er schrieb Schulz damals im „Spiegel“ nieder.

Bär erboste sich über einen ungewöhnlichen Vorgang: Nach einem „ProSieben“-Interview mit Baerbock hätten die Interviewer der Grüne-Kandidatin Beifall geklatscht. „Diese Distanzlosigkeit ist etwas, was ich mir für die Demokratie in unserem Land nicht wünsche!“ ätzte die CSU-Politikerin nun.

„Könnte das auch mit den Themen zu tun haben?“ stichelte Özdemir. Heiterkeit in der Runde!

Kniffligstes Schlusswort

Der CDU ist es nach drei großen Kanzlerschaften – Adenauer, Kohl und Merkel – nicht gelungen, die Nachfolge im Parteivorsitz ordentlich zu regeln“, stellte Merz am Ende fest.

Seine Forderung: „Dass die Besetzung des Bundeskabinetts so ausfällt, dass aus dem Bundeskabinett heraus Nachfolgen organisiert werden können. Das haben wir in den letzten Jahren nicht gut genug gemacht!“

Heftigste Attacke

Das ist ein vernichtendes Urteil über das aktuelle Bundeskabinett“, staunte Feldenkirchen.

Das ist in der Tat so!“ bestätigt Merz. „Wir haben ein Problem an dieser Stelle!“ Die Kanzlerin „hat sich rausgehalten. Ich hätte mir das etwas konstruktiver, und vielleicht auch im Übergang eine etwas weichere und bessere Organisation gewünscht.“

Seine Mahnung: „In diesem Land hält sich das Parlament eine Regierung, und nicht die Regierung ein Parlament!“ Rumms!

Letzte Klärung

Zum Finale wollte Illner Merz noch auf dem Gender-Grill rösten. Was er wohl gegen das Sternchen habe?

„Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat in Frankreich allen öffentlichen Behörden untersagt, diese sogenannte geschlechtergerechte Sprache zu verwenden, weil er erkannt hat, was das mit der sehr schönen französischen Sprache macht“, antwortete der Politiker.

Seine Meinung: „Ich finde, die deutsche Sprache braucht sich hinter der französischen Sprache nicht zu verstecken. Eine Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland will das nicht. Und ich finde, da kann man doch auch mal auf die Mehrheit Rücksicht nehmen.“ Halleluja!

Fazit: Nach dem Kickstart leider bald starker Spannungsabfall, Merz die ganze Zeit an der Erklärtafel, dazu Kabbeleien um das kleinstmögliche Karo: Das war ein Talk der Kategorie „Geht so“.

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