„Markus Lanz“. ZDF, Dienstag, 25.Februar 2020, 22.50 Uhr.
Die scheidende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ erklärt, dass sie von dem neuen Kandidatenteam Armin Laschet/Jens Spahn erst nach der Vorstellung auf der Bundespressekonferenz gehört.
„Haben Laschet und Spahn Ihnen gesagt, dass sie gemeinsam antreten würden?“ fragte Talkmaster Lanz. „Nein!“ antwortet Kramp-Karrenbauer. „Es war so, dass jeder in den letzten Gesprächen gesagt hat, er überlegt sich das. Die Entscheidung konnten wir heute Morgen sehen!“
Peinlichster Moment
Jetzt nagelt Lanz sie fest: „Also Sie haben es auch über die Presse erfahren, was die beiden vorhaben?“ fragte er.
Die Vorsitzende wirkte nervös, denn dieser Ablauf passt so gar nicht zu ihrer früheren Ankündigung, sie werde den Prozess organisieren. „Es hat mich allerdings nicht überrascht“, antwortet sie schließlich.
Aber: „Wenn Sie mich gestern gefragt hätten, wie meine Wette läuft, hätte ich wahrscheinlich so gewettet!“
Rock’n’Roll in der CDU! Die Noch-Chefin wollte ihre Nachfolge gern würdevoll als Langsamen Walzer intonieren, doch die Kandidaten treten lieber gleich mal einander feste ans Schienbein. Aber auch Lanz macht lieber Knall- als Schmaltalk.
Die Gäste
Annegret Kramp-Karrenbauer (57, CDU). Die Vorsitzende erinnert an die frühe Rita Süßmuth: Willig, wendig und gewieft, aber ohne Fortune.
Robin Alexander (44). Der WELT-Vize talkt gern nach der Matthäus-Maxime aus der Bibel: „Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein!“
Dirk Steffens (52). Der TV-Moderator („Terra X“) kommt gerade aus der Antarktis zurück. Ist es dort noch kälter als im Adenauer-Haus?
Auf sympathische Verlierer drischt man nicht ein, schon gar nicht, wenn es Damen sind!
Überraschendste Antwort
Schon die Startphase fiel für Lanz-Verhältnisse echt gnädig aus: „Wo haben Sie sich diese Pressekonferenzen heute Morgen angesehen?“ wollte der Moderator über die Laschet-Spahn-Merz-Show wissen.
„Ich habe die überhaupt nicht angeschaut“, antwortete die Vorsitzende zu seiner Verblüffung. „Weil ich Morgenlage hatte, im Verteidigungsministerium. Aber man muss sich heute auch nichts mehr live anschauen, weil, danach gibt’s Mediatheken, Tickermeldungen…“
Härtester Stopper
Damit war Lanz nicht zufrieden: „Aber die Emotionen kriegt man natürlich nicht so mit“, sagte er. „Haben Sie gesehen, wie es in Friedrich Merz gebrodelt hat?
Doch mit sowas ist bei AKK nichts zu holen: „Ich habe Ausschnitte gesehen“, erklärte sie gelassen. „Aber ich habe in den letzten Wochen viele vertrauliche Gespräche geführt…“ Und damit war das tückische V-Wort bereits in den ersten Minuten gefallen. Den Rest der Sendung rannte Lanz immer wieder gegen diese talkshowschädliche „Vertraulichkeit“ an.
Listigste Frage
„Friedrich Merz hat gesagt, er sei stets extrem loyal gewesen!“ lockte Lanz als nächstes.
„Ich bin mir im Reinen, und ich bin mit Friedrich Merz im Reinen“, erwiderte AKK. „Auch mit Angela Merkel und den anderen, die da in Rede stehen. Deshalb gibt es dazu nichts mehr zu sagen!“
Na, das wollen wir doch mal sehen! Der Talkmaster setzte sofort nach: „Haben Sie das immer so empfunden, dass Merz extrem loyal war?“
Schönstes Zitat
„Es gibt Verhaltensweisen, die sind so, wenn man den der Spitze steht“, erläuterte die Vorsitzende. „Helmut Kohl hat immer gesagt: Wenn man da oben ist, das ist Kirchturmspitze, das ist man allein, da wird man von allen angepfiffen.“
Coolste Antwort
„Ungerührt bohrte Lanz die nächste Stelle an: „Auch mit Armin Laschet?“ fragte er. „Das war auch einer von denen, die Sie immer wieder von außen kritisiert haben!“
Hier gönnte sich AKK ein kleines Lächeln. „Er hat ja heute gesagt, zusammen mit Jens Spahn, er habe eine extrem vertrauensvolle Zusammenarbeit mit mir gepflegt“, erwiderte sie. „Und wenn er das so sagt, wird es ja auch so gewesen sein…“
Hoho! prustete WELT-Alexander laut. Die Zuschauer lachten und klatschten.
Klarstes Bekenntnis
Über ihren Rückzug sagte die Politikerin: „Es ist immer die Frage: Diene ich dem Amt, oder dient das Amt mir?
Ihre Antwort: „Mein Eindruck war, dass ich der CDU in diesem Amt als Parteivorsitzende nicht mehr das geben kann, was sie braucht.“
Interessanteste Hintergründe
„Die Idee von Herrn Laschet war ja, dass heute nicht nur der Herr Spahn neben ihm sitzt, sondern auch noch der Herr Merz“, berichtete der WELT-Journalist. „Laschet wolle mit e i n e m Team antreten, und Frau Kramp-Karrenbauer hat ihm dabei geholfen.“
Und, so Alexander weiter: „Frau Kramp-Karrenbauer hat sogar versucht, ob man Merz ins Kabinett holen kann. Man hat versucht, jede Brücke für ihn zu bauen, über die er aber nicht gehen wollte!“
Tiefgründigster Hinweis
„Rosenmontag ist irgendwie ein komisches Datum für sowas Ernsthaftes wie diese Kandidatur“, sagte die Vorsitzende. Das könnten andere womöglich witzig finden, doch AKK verzog dabei keine Miene.
Schlimmstes Thema
Über die Schandwahl von Thüringen sagte AKK: „Es wurden jede Menge Fehler gemacht!“ Und dann zählte sie auf:
- „Die CDU hat nicht sofort erklärt, dass sie die Oppositionsrolle annimmt.
- „(Der Linke-Kandidat) Ramelow ist in die Wahl gegangen, ohne eine Mehrheit zu haben.“
- Entgegen allen Warnungen hat die CDU den FDP-Kandidat unterstützt.“
Interessanteste Info
Ihren eigenen Anteil an dem Desaster hält AKK für gering: Sie habe immer wieder eingegriffen und zu steuern versucht. Ihre Erwartung: „Es muss jetzt Neuwahlen geben!“ Ihre Warnung: „Alle Parteien, bei denen die Brandmauer nach rechts nicht gehalten hat, sind heute nicht mehr existent!“
Allerdings, so AKK: Sofortige Neuwahlen seien nicht nur den Erfurter CDU-Abgeordneten höchst unwillkommen, sondern würden „auch bei den Grünen in Thüringen kritisch diskutiert.“.
Hm – wirklich? Diesmal fragte Lanz nun gerade mal nicht nach.
Bester Vorschlag
Zum Schluss zeigte „Terra X“-Reporter Steffens die deutsche Forschungsstation am Südpol: „Es ist dunkel, draußen ist es tödlich kalt und neun Leute sind für acht Monate eingesperrt.“
Seine Erkenntnis daraus: „Man muss sich sehr mögen. Teambuilding! Also vielleicht sollte man die CDU-Spitze da mal eine Zeitlang hinschicken…“
Fazit: Politisches Plauderstündchen mit Durchhalteparolen aus der Alarmpumpe, die gewohnte Selbstverherrlichung des Talkmasters hielt sich jedoch in Grenzen, auch gab es weder den talkshowtypischen Toleranzterror noch übermäßiges Gedränge auf dem Korrektheitstrampelpfad zu dieser späten Stunde: Das war ein Talk aus der Rubrik „Mitterwacht“.