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Botschafter Melnyk bei „Maischberger“: Putins letzte Waffe ist die Angst

„Maischberger“. ARD, Dienstag, 13.September 2022, 22.50 Uhr.

Putins Soldateska haut in Scharen ab, aber Vorsicht: Der Diktator ist noch nicht am Ende! Und: Botschafter Melnyk ist genauso unerschrocken, wie es die Queen war, nur nicht so diplomatisch. Auch bei „Maischberger“ macht er mächtig Dampf!  Die Gäste:

Andrij Melnyk (47). Der ukrainische Botschafter gibt weiter Gas: „Die katastrophale Verweigerungspolitik der SPD und der Ampel wird verheerende Folgen haben!“

Carlo Masala (54). Der Militärexperte analysiert: „Den russischen Streitkräften in der Ukraine geht die Puste aus.“

Anthony Glees (74). Der britische Politologe betrauert die tote Queen: „Wir haben etwas verloren, das nicht wiederzubekommen ist.“

Walter Sittler (69). Der Schauspieler setzt sich energisch für die Ukraine ein: „Man muss sich entscheiden, ob man jetzt hilft der ob man sie im Stich lässt!“

Hannah Bethke (42). Die Journalistin („Zeit“) warnt vor Jubelrufen: „Es ist zu früh, von einer Wende zu sprechen!“

Stephan Stuchlik (56). Der ARD-Journalist, einst lange in Moskau, sagt über den Etappensieg der Ukraine: „Ein enormer psychologischer Schlag gegen das Putin-Regime!“

Putin-Versteher sind in deutschen Talkshows zurzeit nicht mehr so gefragt. Das Zoff-o-Meter spitzt trotzdem die Antennen.

Mutigster Start

Schauspieler Sittler traut sich was: „Wenn der Kanzler sagt, man kann erst verhandeln, wenn die Russen aus der Ukraine raus sind“, meldet er aus seiner braunen Lederjacke, „dann haben wir gar keine Wahl, als Waffen zu liefern.“

Vor der Sendung hat er sich schnell noch mit Prof.Masala ausgetauscht und zitiert den Militärexperten auch gleich: „Wenn es gelingt, die Russen jetzt in Bewegung zu halten, wird es vielleicht doch nicht so lange dauern wie befürchtet.“ Dafür gibt’s prompt den ersten Beifall. Überraschend: Im Publikum fast nur junge Leute!

Gegensätzlichste Einschätzungen

Nach der Kanzler-Rede, meint Sittler, „bleibt uns gar nichts übrig, als jetzt Panzer zu liefern. Er wird das demnächst machen, und die Koalition wird mitmachen, und die CDU wird sich auch freuen. Wir werden sehen, was in den nächsten drei Tagen passiert.“ Ui!

Die „Zeit“-Journalistin gießt Mimimi-Wasser in den euphorischen Siegestrunk: „Bestimmte Reflexe wiederholen sich“, bremst sie und ledert los: „Eindimensionale Debatte! Gefahr einer Eskalation! Risiko, Kriegspartei zu werden!“

Ermutigendster Kommentar

Ein ARD-Einspieler sammelt erste russische Stimmen gegen Putin und seinen Krieg. Für ARD-Stuchlik ist das allerdings nur der „versprengte Rest übriggebliebener Opposition in zwei Großstädten“.

Aber, so der Journalist weiter: „Ich halte es für bemerkenswert, dass das überhaupt zu uns durchdringt. Dass man den Mut aufbringt, sich gegen den großen Führer zu wenden.“

Detailliertester Frontbericht

„Die Ukrainer haben russische Streitkräfte im Prinzip von der Logistik abgeschnitten“, meldet Prof.Masala. „Durch die Zerstörung von Brücken. Dadurch, dass sie Munitionsdepots in die Luft gejagt haben. Da sind die russischen Verteidigungslinien in einer rasanten Geschwindigkeit kollabiert.“

Seine strategische Bewertung: „Das ist kein geordneter Rückzug. Das ist Flucht. Es sind ausgelaugte Truppen. Sie haben wenig Munition und sind plötzlich damit konfrontiert, dass sie merken: Kampf lohnt sich nicht. In diesem Moment fliehen sie.

Optimistischste Prognose

„Wir wollen so schnell wie möglich noch vor dem Winter so viele Gebiete wie möglich befreien“, kündigt Botschafter Melnyk an. „Ich hoffe, dass die ukrainische Armee die Russen in den nächsten Wochen genauso überlisten kann, wie das in den letzten Tagen geschehen ist.“

Seine Hoffnung: „Ich glaube, wir haben gute Chancen. Wir haben gesehen, dass unsere Armee, die immer als unterlegen galt, durchaus in der Lage ist, auch mit wenigen westlichen Waffen solche Landgewinne zu machen. Es lohnt sich, uns weiterhin zu unterstützen!“

Verräterischste Reaktion

Zur entscheidend wichtigen US-Unterstützung durch Satellitenaufklärung erklärt der Botschafter: „Ich kann nur sagen, dass die Koordinierung zwischen unseren Streitkräften und den Verbündeten, vor allem mit den USA, mit jedem Tag besser wird und dass man uns mehr vertraut als früher.

Letzte Hürde, so Melnyk: „Wir sind ja nicht in der Nato. Noch nicht.“ ARD-Stuchlik und „Zeit“-Bethke wechseln schelmische Blicke: Schau an! Wussten wir’s doch! Diese ukrainischen Schlingel wollen sich also tatsächlich in unserem schönen Militärbündnis in Sicherheit bringen!

Dankbarster Beifall

Über Putins Atomwaffen-Arsenal urteilt Prof. Masala: „Man darf diese Gefahr nicht aus den Augen verlieren. Aber nehmen wir mal an, in Moskau würde wirklich überlegt werden, taktische Nuklearwaffen einzusetzen. Man stellt sich doch die Frage: Mit welchem Ziel?

Die Antwort gibt er gleich selbst: „Ein Nuklearschlag auf Kiew wird die Ukraine nicht davon abhalten, weiterzukämpfen. Putin weiß: Es wird eine Antwort der Nato geben Aber die Chinesen, die Inder, die Brasilianer, die Südafrikaner werden das auch nicht tolerieren.

Resultat, so der Experte: „Putin hätte die komplette totale Isolation.“ Für diese wirksame Beruhigungspille gibt es erleichterten Applaus.

Brutalste Wahrheit

„Putin kann die Generalmobilmachung ausrufen“, räumt der Experte ein, „aber die Vorstellung, dass dann übermorgen eine Million Russen in der Ukraine stehen, ist Unsinn. Die müssen erst mal ausgebildet werden. Und die werden nicht gut ausgebildet. Da ist dann zwar viel Personal da, aber da ist dann auch viel Kanonenfutter dabei.“

Uff! „Das ist ein wirklich hässliches Wort!“, gruselt sich Maischberger.

„Wir haben die Bilder von Marinesoldaten, die zur Infanterie verlegt worden sind“, klärt sie der Professor auf, „die in einer Woche gelernt haben, wie sie irgendwas fahren, und jetzt so schwerst verwundet sind, dass sie ihr Leben lang darunter leiden werden.“

Verheerendste Zahl

„Es ist unklar, wie viele Russen gefallen sind“, analysiert der Experte weiter. „Wenn wir eine Zahl von 40.000 annehmen, und das dann auch noch mal bei den ethnischen Russen haben, dann wird es auch in Moskau, auch in St.Petersburg problematisch.“

Seine überzeugendster Hinweis: „Wir wissen aus dem Afghanistan-Einsatz der russischen Armee, dass das größte Problem die Deserteure waren. Die wurden einberufen und sind sofort irgendwo in Russland abgehauen. Ich sehe nicht, das Putin noch viel Potential hat, jetzt noch mal draufzulegen.“

Eindringlichste Warnung

„Putin ist kein guter Feldherr, wie man sieht“, assistiert Melnyk, „aber er ist nach wie vor ein sehr guter KGB-Mann. Was diese Leute gut können, ist Menschen einzuschüchtern.“

Das bedeute, so der Botschafter: „Putin kennt die Deutschen. Er kennt die deutsche Seele. Er kann damit leider sehr gut spielen. Gaspreise steigen, ein kalter Winter… Das muss man im Blick haben: Dass diese Angst seine größte Waffe ist.“ Auch dafür gibt es viel Applaus.

Spannendste Frage

Im nächsten Einspieler behauptet Verteidigungsministerin Lambrecht mit zackigen Handzeichen: „Noch kein Land hat Schützen- oder Kampfpanzer westlicher Bauart geliefert. Und wir haben uns mit unseren Partner verständigt, dass wir keine deutschen Alleingänge machen.“

Stimmt nicht! „Kanada und Dänemark haben Schützenpanzer geliefert“, berichtigt Prof. Masala. „Aber was heißt überhaupt ‚Alleingänge‘? Heißt das, nur Deutschland entscheidet? Oder heißt das: Deutschland geht voran? Versucht, europäische Partner zu überzeugen? Ist in diesem Fall nicht der Alleingang moralisch angebracht?“ Auch dafür Beifall!

Hoffnungsvollste Prognose

„Ich bin davon überzeugt, dass die Weigerung der Ampel bei ‚Marder‘ oder ‚Leoparden‘ fallen wird“, sekundiert Melnyk. „Es ist nur eine Frage der Zeit, und da sprechen wir eher über Wochen.“

Das sieht auch der Experte so: „Es wird in nicht ferner Zukunft so sein, dass zumindest der ‚Marder‘, der bei der Rüstungsindustrie auf dem Hof steht, freigegeben wird.

Klarste Kante

Denn, so Prof. Masala todernst: „Ohne Waffenlieferungen gäbe es keine freie Ukraine mehr. Ohne Waffenlieferungen hätten wir sicher noch mehr Butschas, noch mehr vergewaltigte Frauen, noch mehr tote Ukrainer.“ Rumms!

„Es gibt diese Alternative ‚Krieg oder Verhandlungen‘
nicht“, fügt der Experte hinzu. „Verhandlungen werden auf der Basis geführt, wie der Krieg beendet oder gestoppt wird.“

Bitterster Spott

Melnyk sagt es noch deutlicher: „Man muss auf dem Schlachtfeld die Voraussetzungen schaffen“, bestätigt er. „Nur wenn Putins Generäle ihm keine guten Neuigkeiten zu berichten haben, wird er erkennen, dass er verhandeln muss.“

Dann aber, so der Botschafter ahnungsvoll, „wird seine Propagandamaschinerie tausend Argumente dafür finden, wieso Russland, das den Krieg schon verloren hat, angeblich doch gewonnen habe.“

Emotionalste Erzählung

Die russische Propaganda entzweit Russen und Ukrainer auch in Melnyks Familie: Der Kontakt zwischen seiner Schwiegermutter und ihrer Schwester sei abgebrochen, berichtet der Botschafter bedrückt, weil die Schwester ganz auf der Seite Putins stehe.

„Man kann diese Menschen nicht beschuldigen“, meint Melnyk bekümmert, „weil sie seit der Besetzung der Krim viele Jahre so indoktriniert wurden. Das Fernsehen ist eine Waschmaschine für die Gehirne.

Knalligste Verabschiedung

Über seine Zukunft sagt der scheidende Botschafter: „Deutschland ist und bleibt der wichtigste Partner der Ukraine in Europa. Ob EU oder Nato: Dafür müssen wir die Deutschen gewinnen. Und ich wünsche mir, dass mein Nachfolger das besser macht als ich.“

Die Talkmasterin pustet schnell noch eine Prise Salz in die Wunde: „Sie haben Kritikern gesagt, sie sollen sich zum Teufel scheren. Haben sie ‚erbärmliche Loser‘ genannt. Auch mal ‚Fuck off‘ getwittert, oder gleich mal ‚Arschloch‘.“ Ui! Die Maischberger! Hat sie genug Seife für den Mund? Spricht das schlimme Wort doch tatsächlich ungekürzt aus! Keine Angst vor echter Authentizität!

Versöhnlichstes Schlusswort

„Ich betrachte das als Hilferuf“, verteidigt sich der Botschafter. „Wenn jemand ertrinkt, ist man nicht höflich. Da muss man schreien.“

Sein Friedensangebot: „Ich hoffe, dass die Deutschen, die sich beleidigt fühlen, Nachsicht haben, wenn ich weg bin. Ich hoffe, dass der Kanzler ein paar Minuten finden kann für ein Gespräch. Ich hoffe, dass der Kanzler nicht nachtragend ist.“

Schönstes Finale

Dann legt sich Politologe Glees schwungvoll in die Schlusskurve. Beim Tod der Queen habe er Tränen in den Augen gehabt, gesteht er, denn: „Sie war die Mutter der Nation. Aber eine englische Mutter, streng und distanziert.“ Uff!

Glees weiter: „Jeder vierte Brite hat die Queen wenigstens einmal im Leben persönlich gesehen. Viele Millionen Briten haben von der Königin geträumt. Die Queen war ein goldener Faden, der durch unser aller Leben führte.“ Amen!

Zitat des Abends

„Die russischen Militärblogger haben Followerzahlen, da würden hier manche Musikstars von träumen!“ Stephan Stuchlik

Fazit

Perfekt getimte Gästeliste, jeder bekam die richtigen Fragen, das junge Publikum applaudierte mit Elan und die Talkmasterin dirigierte taktsicher auch durch düstere Klippen: Das war eine Talkshow der Kategorie „Nobel“.

 

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