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Ampel-Zoff bei Maybrit Illner: Habeck beschimpft Röttgen als „Oppositionsclown“

„Maybrit Illner: Die Ampel und Corona – im Krisenmodus schon beim Start?“ ZDF, Donnerstag, 25.November 2021, 21 Uhr.

Vor 99 Jahren scheiterte das letzte deutsche Dreierbündnis, die „Weimarer Koalition“ aus Sozialdemokraten, Katholiken und Liberalen. Maybrit Illner sieht heute ähnliche Gefahren. Die Gäste:

Norbert Röttgen (56, CDU). Der mögliche Bald-Parteichef schimpft über die Ampel: „Die neue Regierung scheitert schon, bevor sie im Amt ist!“

Robert Habeck (52, Grüne). Der Bald-Vizekanzler empfahl „schlumpfigen“ Ungeimpften schon mal einen „Tritt in den Hintern“.

Volker Wissing (51, FDP). Der Bald-Verkehrsminister lieferte gestern bei Sandra Maischberger den gehaltvollen Versprecher „Bundeskanzler Olaf Schmidt“.

Christiane Hoffmann (54). Die Autorin („Spiegel“) sagt: „Die Entscheidungen in dieser Krise werden zeigen, wie stabil die neue Regierung ist.“

Henrike Roßmann. Die Journalistin (SZ)  sagt voraus: „Corona wird für die FDP eine ganz harte Landung!“

Die Opposition allein auf weiter Flur. Das Zoff-o-Meter hofft aus Fairnessgründen auf Minderheitenschutz!

Alarmstart auf Grün

Habeck steigt mit Schock-Sätzen ein: „Die schwerste Gesundheitskrise in Deutschland! Die Zeit wird knapp! Wir verdoppeln die Infektionsrate alle zwölf Tage! Die Krankenhäuser sind jetzt schon voll! Es geht jetzt um Tage!“

Seine Hoffnung: „Die Tage können jetzt genutzt werden. Die 4. Welle kann gebrochen werden!“

Fragwürdigste Beruhigungspille

Auch Wissing findet die Entwicklung „schockierend“, aber: „Was wir im Infektionsschutzgesetz an Maßnahmen vorgesehen haben, ist noch nicht ausgeschöpft“, tröstet der Noch-Generalsekretär. „Es gibt noch eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die man tun kann.“

Widerspruch! „Zehn Tage will sich die Ampel noch geben, um zu prüfen, ob das Infektionsschutzgesetz ausreicht“, stellt die Talkmasterin irritiert fest. „Die Zeit ist schon abgelaufen!“ warnt die SZ-Journalistin. „Es müsste jetzt gehandelt werden!“ drängt die Kollegin vom „Spiegel“.

Verheerendste Analyse

Für Röttgen „wird deutlich, dass sowohl die gegenwärtige Regierung Versäumnisse zu verantworten hat, als auch, dass die ins Amt kommende Regierung sich schon bevor sie ins Amt gekommen ist, vergaloppiert hat und da jetzt nicht mehr so richtig rauskommt.“ Rumms!

Seine drastische Beschreibung: „Das ist die dramatischste, gefährlichste, schädlichste Lage, die wir in der ganzen Pandemie hatten. Wir haben 5 nach 12.

Es geht um Tote, um viele Tote! Die dramatischste Situation, die wir je in unserer Geschichte hatten!“

Dringendster Vorschlag

Röttgens nachdrückliche Aufforderung: „Es wäre ein Zeichen von Überparteilichkeit, wenn die Noch-Kanzlerin und der neue Kanzler eine Ansprache halten und sich an die Bürger wenden!

Und zwar bald, denn, so der CDU-Politiker zur der schrecklichen Zahl von täglich 75.000 Neuinfektionen: „Wir haben keine Zeit mehr zu warten, weil, in zehn Tagen haben wir zehn Mal 75.000 Neuinfektionen!“

Sein Appell sei, „dass wir diese Katastrophe nicht im Modus von Regierung und Opposition verhandeln“, denn „das ist eine Lage für überparteiliche Verantwortung!“

Spitzeste Frage

„Können wir tatsächlich gestern noch vom ‚Freedom Day‘ geredet haben und jetzt sagen, es ist 5 nach 12?“ erkundigt sich die Talkmasterin bei dem FDP-General.

„Ich halte nichts von Abwarten“, behauptet Wissing und reicht die Verantwortung unverzüglich weiter: „Morgen sollten die Länder die notwendigen Maßnahmen ergreifen, die das Infektionsschutzgesetz hergibt.“

Verräterischster Versprecher

Als da wären, so Wissing: „Kontaktbeschränkung. Verschärfung. Verbot von großen Veranstaltungen. Das kann sofort geschehen!“

„Das kann nicht die künftige Regierung tun“, meint der Liberale, „das kann erst passieren, wenn sie ins Amt geraten ist.“

Wie bitte? „Oder ins Amt ge…, etabliert, oder ins Amt kommt“, haspelt Wissing hastig weiter, „oder ernannt worden ist.“

Geschicktestes Ablenkungsmanöver

Prompt nervt ihn die Talkmasterin mit einem Einspieler vom 27.Oktober, an dem sein FDP-Kollege Marco Buschmann versprach: „Nach dem 25.November wird es keine Lockdowns, keinen Betriebsschließungen, keine Ausgangssperren mehr geben. Auch am 25.November hat man schon einen kleinen ‚Freedom Day‘!“

Wissings Erklärung dazu: „Wir haben uns natürlich auf das verlassen, was die Bundesregierung gesagt hat…“ Dann wechselt der FDP-Mann flugs das Thema: „Was uns immer gewundert hat, ist, dass die Bundesregierung die Bürgertests abgeschafft hat…“ Puh!

Unbequemste Feststellung

„Wenn wir alles, was wir wissen, immer richtig machen würden“, gesteht Habeck, „dann hätten wir diese vierte Welle nicht.“

Seine psychologische Erklärung: „Wir Menschen sind träge Wesen und wollen darauf hoffen, dass das, was im Alltag passiert, morgen auch so ist. Politiker sind letztlich auch Menschen, und die Überbringer der schlechten Botschaften, das wird nicht mit Erfolg belohnt.“ Uiuiui…

Überflüssigster Schwurbelanfall

„Wir sind eigentlich verpflichtet, immer das mildere Mittel zu nehmen, Freiheit zu nehmen“, philosophiert Habeck dann drauflos. „Das sind wir einer offenen Gesellschaft schuldig…“

Sein Vorschlag: „Setzen wir einmal noch darauf, unseren Schweinehund, die innere Trägheit zu überwinden. Wenn das nicht klappt, sind wir selber schuld, und dann müssen wir mit dem großen Vorschlaghammer draufhauen.“

Energischster Ordnungsruf

Die aus Hamburg zugeschaltete „Spiegel“-Autorin gestikuliert hektisch auf ihrem Monitor: „Es geht doch nicht um innere Trägheit!“ protestiert sie. „Politische Führung bedeutet, dass man eine Situation, die man erkannt hat, adäquat einschätzt und entsprechende Maßnahmen ergreift!“

Und dann haut Hoffmann dem Grünen-Chef seine Worte um die Ohren: „Wenn Sie sagen, wir konnten es nicht wissen, weil wir keinen (Regierungs-)Apparat hatten: Das überzeugt nicht im Geringsten!“ wettert sie. „Es gab ausreichend Experten, die sich den Mund fusselig geredet haben! Mich schockiert das, auch als Bürgerin!“

Ungeschicktester Abwehrversuch

„Was hat Herrn Scholz gehindert, sich hinzustellen und zu sagen: Achtung, wir laufen hier in eine ganz schwierige Situation?“ bollert die „Spiegel“-Frau weiter, „und mit seiner Parlamentsmehrheit dafür zu kämpfen, dass die Maßnahmen verschärft werden?“

Habeck versucht es mit einer Gegenrede: „Du hast als Opposition keinen Einblick in die Vorhaltung der Impfdosen…“

Eigentor! Röttgen zerpflückt das tolpatschige Argument mit Genuss: „Herr Scholz war doch in der Regierung!“

Dann geht der Streit dem Zoff-o-Meter auf den Zeiger

„Zur Ernsthaftigkeit gehört auch, dass alle Parteien für ihre Überzeugung ein Stück weit engagierter kämpfen als vielleicht bei so einem Kaffeetalk!“, berichtet Habeck aus den Verhandlungen und wehrt sich mit einer neuen Schuldzuweisung:

„Die gleichen Ministerpräsidenten, die drei Tage später gesagt haben, bloß nicht die epidemische Lage auslaufen lassen, haben in ihrem Bundesland fröhlich das Karnevalfeiern erlaubt“, erbost er sich. „Die Leute lagen sich besoffen in den Armen und haben sich ab abgeknutscht!“

Jetzt ist der Bock aber fett! „Sie sind gewählte Politiker!“ fährt ihm „Spiegel“-Hoffmann in die Parade. „Sie sind dafür gewählt, dass Sie nicht träge sind und nicht ständig zögern!“

Ihr Blattschuss: „Man kann doch nicht versuchen, das so wegzuanalysieren, und sagen, Menschen wollen nie das Schlimmste sehen. Wir haben Sie gewählt, damit Sie hingucken, wie die Realität ist!“

Fatalstes Rückzugsgefecht

Wissing verteidigt noch mal die FDP-Position: „Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Änderung des Infektionsschutzgesetzes und den jetzigen Infektionszahlen!“ betont er.

Doch Röttgen kontert ihn locker aus: „Aber in zwei Wochen könnte es ihn geben!“

Verwegenste Ausrede

Illner liest dem FDP-General aus ihrer Anklageschrift vor: „Sie haben noch am 8.November gesagt, eine Impfpflicht wird es mit der FDP nicht geben, weder für die gesamte Bevölkerung noch in bestimmten Berufen. Jetzt ist die FDP auch ein bisschen klüger…“

Der Liberal-General holt einen schlauen Salto aus seinem Repertoir und  definiert die Impfpflicht als „einrichtungsbezogen“: Im Heim gehe es ja nicht nur um das Pflege-, sondern auch etwa um das Reinigungspersonal…

Heftigster Bauchklatscher

Doch die SZ-Journalistin versaut ihm die Landung: „Aber Herr Wissing, Sie wollten doch mit dem Statement nicht deutlich machen, eine einrichtungsbezogene Impfpflicht wäre Sie in Ordnung“, hält sie ihm vor.

Sondern, so Roßmann weiter: „Sie wollten deutlich machen, es wird mit uns keine Impfpflicht geben, egal wie sie aussieht.“ Treffer, versenkt!

Professionellste Bewertung

„Wir prüfen, wir nähern uns an, wir verschieben manchmal“, fasst die Talkmasterin den Streit zusammen, „aber irgendwann wird man um ein Ja/Nein nicht mehr hinwegkommen.“

„Es macht keinen Sinn, darüber hinwegzusehen, dass wir jetzt eine ernsthafte Debatte darüber haben, eine allgemeine Impfpflicht einzuführen“, bilanziert Röttgen.

Sein Geständnis: „Der allgemeine Meinungsstand war, dass das zu weit geht. Dieser Meinung war ich auch.“ Jetzt aber hätten die Gegenargumente „keinen Bestand mehr“.

Kernigste Noch-Nicht-Kanzlerschelte

„Olaf Scholz hat keine Position zu der Frage, ob es eine Impfpflicht braucht oder nicht“, kritisiert „Spiegel“-Hoffmann. „Er sagt, es ist gut, dass es diese Debatte gibt.“

Für sie ist das eine „fatale Taktik“ und „genau die Art Führung, die ich befürchte, jetzt zu sehen: ‚Leading from Behind‘, die aber in dieser Pandemie einfach ‚Leading zu spät‘ bedeutet!“  

Und noch mal dicke Luft

Dann geraten Habeck und Röttgen in ein Brüll-Duell. Es geht um den Bundesgesundheitsminister. „Permanent falsche Entscheidungen!“ giftet der Grüne.

Auch Röttgen talkt keine halben Sachen: „Sie sind jetzt in der Verantwortung“, kontert er. „Sie haben die Mehrheit im Parlament! Sie können doch nicht sagen, Sie waren im Tal der Ahnungslosen…“

Wutanfall des Abends

„Das habe ich nicht gesagt, und das ist auch nicht Ihr Niveau!“ ruft Habeck zornig. „Jetzt machen Sie hier den Oppositionsclown!“

Die Talkmasterin kommt so durcheinander, dass sie Röttgen mit „Herr Habeck“ anredet. Und das wirkt dann auf alle beruhigend. Friede auf Erden!

Fazit

Intensivbehandlung mit umfassender Aufklärungstherapie, das Fachpersonal diskutierte mit teils infektionsgeschwächten Argumenten und die Talkmasterin operierte mit ihrem schärfsten Faktenskalpell: Das war ein Talk der Kategorie „Informativstation“.

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